Wer glaubt, flieht nicht
Glauben ist eine wunderbare Sache, aber es darf nicht verschwiegen werden: Man kann deswegen angegriffen werden. Das war schon immer so. Ein kleiner, 3'000 Jahre alter Text gibt uns wichtige Richtlinien, wie wir uns verhalten sollten: Psalm, Kapitel 11.
Verankert
Die Hauptaussage kommt zuerst: «Beim Herrn suche ich Schutz» (Vers 1). Die Blickrichtung ist klar, der Anker ist geworfen. Darum wird David, der Autor dieses Textes, nicht auf die wohlmeinenden Ratschläge hören, die ihm raten: «Sei doch still, zieh dich zurück, fliehe, schau zu dir selbst.» David zeigt: Wer glaubt, der flieht nicht – weil er sein Leben an Gott festgebunden hat (siehe auch Buch Jesaja, Kapitel 28, Vers 16). «Die Pfeile sind angelegt, der Bogen ist gespannt» (Psalm, Kapitel 11, Vers 2). Die Versuchung ist gross, sich ständig mit den Angriffen zu beschäftigen und sich auszumalen, was alles Schlimmes geschehen könnte.
«Was könnt ihr denn schon bewirken?»
In Vers 3 formuliert David die eigentliche Anfechtung: «Wenn alles drunter und drüber geht, wenn in unserer Gesellschaft sowieso das Böse herrscht – was können die Christen denn da noch ausrichten?» Das Ziel ist Einschüchterung und Entmutigung. Die ganze Botschaft ist: «Fliehe, suche die Sicherheit, zieh dich zurück.» Aber David geht einen anderen Weg.
Blickwechsel
Der Kontrast könnte nicht grösser sein (Vers 4): «Der Herr ist in seinem heiligen Tempel, er thront im Himmel und herrscht über alles.» Hier ist ein Glaubender, der sich nicht zurückzieht, sondern daran festhält: Gott herrscht und hat die Kontrolle. Gott wohnt im Himmel, dem Ort der Autorität – und in seinem Tempel, d.h. in seiner Kirche. Auch wenn es bisweilen ganz anders aussieht – Gott hat die Kontrolle nicht verloren. Mit diesem Blickwechsel rufen wir uns die Realitäten in Erinnerung: Die entscheidenden Weichen werden in der unsichtbaren Welt gestellt.
Glaubende waren zu allen Zeiten Minderheiten, oft winzige Minderheiten. Aber ihre geistliche Wirkung für eine Gesellschaft steht in keinem Verhältnis zu ihrer Zahl, wie es etwa die Geschichte von Sodom und Gomorra zeigt (Die Bibel, 1. Buch Mose, Kapitel 13). Gott hätte die ganze Stadt wegen einer Handvoll Gläubigen verschont!
Der unbestechliche Gott
Gott beurteilt vor allem die Motivation und das Innerste der Menschen, die er unbestechlich erkennt. Tief innen bewegt sich ein Mensch entweder im Vertrauen auf Gott zu oder in Rebellion von ihm weg. Und wenn man auch nicht immer direkt die Folgen des Bösen in einem Leben erkennt, wird Gott doch schlussendlich in Gerechtigkeit richten, denn das ist sein Wesen (Verse 5-7). Gott «hasst» Gewalttaten und wird sie ganz sicher nicht unbestraft lassen. Es wird Gerechtigkeit geben. Der Akzent liegt aber nicht auf der Strafe für die Bösen, sondern auf Gottes Liebe und Zuwendung zu denen, die ihn lieben.
Gegenmittel: Segnen
Das Neue Testament hilft uns, Widerstand und Angriffen nicht nur passiv zu begegnen: «Liebt eure Feinde und segnet die, die euch fluchen», sagt Jesus in der Bergpredigt (Matthäus-Evangelium, Kapitel 5, Vers 44). Damit wird man aktiv: «Betet für die, die euch verfolgen.» Wer betet und segnet, schaltet Gott aktiv ein – und bewahrt sich selbst damit, in den Kreislauf des Bösen hineingezogen zu werden.
So gesehen, kann Widerstand, Angriff oder Verleumdung dazu dienen, dass Christen sich ihres Fundaments neu bewusst werden und ihr Glaube letztlich gestärkt aus dem Sturm hervorgeht.
Dieser Artikel erschien bereits am 30.10.2014 bei Jesus.ch.
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