C. S. Lewis und seine Briefe

Der Autor von «Narnia»: C. S. Lewis
Der Autor von «Narnia» und vieler anderer Bücher war nicht nur ein brillanter Denker, sondern auch ein grossartiger Briefeschreiber. Diese Texte beleuchten etwas, das in der Kommunikation immer wichtiger wird: Wertschätzung.

Heute ist C. S. Lewis hauptsächlich für zwei Dinge bekannt: für seine Fantasy-Kinderbücher über «Narnia» und als theologischer Denker, der Glaubensfragen gut auf den Punkt bringen kann (siehe hier bei Livenet). Einer seiner Klassiker dazu ist «Pardon, ich bin Christ». Doch wer den Vielschreiber wirklich kennenlernen möchte, der sollte einmal in seine Briefe hineinschauen. Eine Aufstellung der erhältlichen Sammlungen ist unten. Vieles in diesen über 3'000 erhaltenen Briefen ist heute nur noch für Fans des Literaturwissenschaftlers interessant, aber dass er und wie er mit Briefen kommuniziert hat, ist bis heute hilfreich. Diese Art der Unterhaltung ist nämlich auch per Mail oder Messenger möglich – es ist eine Frage der Einstellung.

Auf Augenhöhe

Als Lewis auf dem Höhepunkt seiner Autorenkarriere war, erhielt er körbeweise Post. Und obwohl er gern schrieb und täglich neben seinen Vorlesungen und sonstigen Aufgaben ca. zwei Stunden lang Briefe beantwortete, war ihm das oft lästig. In «Überrascht von Freude» meint er dazu: «Es ist ein wesentliches Zeichen für ein glückliches Lebens, dass man fast keine Post bekommt und das Klopfen des Postboten nicht fürchtet.»

Trotzdem beantwortete er mit Unterstützung seines Bruders Warren fast alle Briefe. Einmal schrieb ihm die Mutter eines neunjährigen Jungen aus den USA, der sie nach der Lektüre von «Narnia» gefragt hatte: «Ist es eine Sünde, Aslan mehr zu lieben als Jesus?» Was sollte sie ihm antworten? Lewis war Intellektueller, Professor und vielbeschäftigt, aber er nahm auch solch eine Frage ernst und schrieb dem Jungen. Er ermutigte ihn, schlug ihm ein Gebet vor, das für ihn passen könnte, und schloss augenzwinkernd: «Wenn Mr. Lewis andere Kinder durch seine Bücher beunruhigt oder ihnen Schaden zugefügt hat, dann vergib ihm bitte und hilf ihm, es nie wieder zu tun.» Nie hatten die Menschen, die sich an ihn wandten, den Eindruck, dass ihnen ein Professor von oben herab begegnete. Bei Kindern war ihm das besonders wichtig. Er selbst hatte seine Mutter früh verloren und im Internat Ablehnung und Missbrauch erlebt. So nahm er sich gern Zeit, Kindern auf Augenhöhe zu begegnen.

Raus aus der Bubble

Besonders oft schrieb Lewis an seinen guten Freund Arthur Greeves, doch bezeichnend für seine Briefe ist, dass sie sich an Freunde und Bekannte, Leserinnen und Kritiker, Kollegen und Gegnerinnen, Zurückhaltende und Aufdringliche richteten. Auch unbequemen Menschen antwortete er – einigen sogar immer wieder. Bekannt wurde zum Beispiel eine Amerikanerin, die sich 138-mal bei ihm beklagte. C. S. Lewis beantwortete jeden einzelnen Brief zuvorkommend und freundlich. Joel Woodruff vom C. S. Lewis Institute meint dazu: «Ich vermute, dass er das Schreiben von Briefen als Teil seiner Lebensaufgabe betrachtete und seine Antworten so persönlich, hilfreich und echt waren, dass er den Antwortenden das Gefühl gab, er sei ihr Freund. Die entwaffnende Präsenz, die Lewis ausstrahlte, wenn er Menschen zum ersten Mal begegnete, übertrug sich auch auf die Art und Weise, wie er mit Menschen auf dem Papier umging. (…) Er bemühte sich sehr, zu verstehen, woher die Menschen kamen, und fand dann einen Weg, seinen Standpunkt durch eine Geschichte, eine Illustration oder Sätze, die vielleicht nicht einmal grammatikalisch korrekt waren, am besten zu vermitteln. Sein Ziel war es, das Herz und den Verstand seines Gegenübers zu erreichen, um Gott zu ehren.» Ein Rückzug in die eigene Filterblase, was bis heute der einfachere Weg ist, kam für ihn nicht infrage. Gerade als er mit über 30 Jahren zum christlichen Glauben fand, sah er sich noch stärker in der Pflicht, Andersdenkenden zu begegnen.

Sachlich, persönlich und gewinnend

An seinem regelmässigen Briefeschreiben änderte sich auch durch seinen Glauben nichts. Auch diese Themen diskutierte er so. Dabei blieb er sachlich, auch wenn seine Gegenüber das nicht immer waren. Gleichzeitig nahm er sich selbst und sein Leben immer wieder als Beispiel – je besser er die Menschen kannte, desto persönlicher wurde er in seinen Briefen. Sein Menschenbild war der Grund dafür, dass er so gewinnend kommunizierte: «Es gibt keine gewöhnlichen Menschen. Sie haben noch nie mit einem einfachen Sterblichen gesprochen. Nationen, Kulturen, Künste, Zivilisationen – sie sind sterblich, und ihr Leben ist für uns wie das Leben einer Mücke. Aber es sind die Unsterblichen, mit denen wir scherzen, mit denen wir arbeiten, die wir heiraten, die wir brüskieren, die wir ausnutzen – unsterbliche Schrecken oder ewige Pracht (…) Neben dem Allerheiligsten selbst ist der Nächste der heiligste Gegenstand, der sich unseren Sinnen darbietet.» Wer sich bewusst macht, dass er ständig mit solchen «Heiligen» spricht, tut das bewusster – so wie C. S. Lewis.

Papier oder digital?

Der Nachlassverwalter von Lewis, Walter Hooper, arbeitete fast 50 Jahre daran, eine möglichst vollständige Sammlung seiner Briefe herauszugeben – 3'274 sind es auf über 3'700 Buchseiten. In einer Zeit, wo die meiste Kommunikation per Messenger oder Mail funktioniert oder als Kommentare in den sozialen Medien, unterstreicht das deutlich, dass Lewis mit seinem Briefeschreiben zu einer aussterbenden Gattung gehört. Gleichzeitig lässt sich vieles, das Menschen in der digitalen Kommunikation beklagen, konstruktiv angehen, wenn sie sich an der Haltung dieses exzellenten Briefeschreibers orientieren.

Seine Briefe sind unter anderem hier zu finden:

  • Einen guten Einblick bietet der bekennende Lewis-Fan Titus Müller in C. S. Lewis – ein Leben in Briefen, adeo 2021, ISBN 978-3-86334-310-1.
     
  • Lewis’ freundliche Art wird besonders in seinen Briefen an Kinder deutlich: Briefe aus Narnia: C. S. Lewis schreibt an Kinder, Brendow 2007, 978-3-86506-195-9 (antiquarisch).
     
  • Ausführlich wird es bei seinem Nachlassverwalter Walter Hooper: The Collected Letters of C. S. Lewis, 3 Bände, Harper Collins 2000-2006.
     
  • Wer sich für Statistik interessiert, wird fündig bei Brenton D.G. Dickieson: A Statistical Look at C.S. Lewis’ Letter Writing, 2013, online in: A Pilgrim in Narnia.

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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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