Frommes Ausweichen statt echtem Gespräch

Gegner auszuspielen, ist im Sport wichtig, doch im echten Gespräch gibt es keine Gegner – da geht es nicht ums Austricksen.
Im American Football ist ein «juke» ein Antäuschen, ein Ins-Leere-laufen-Lassen des Gegners. Ein «Jesus juke» ist ein Gesprächsmanöver, bei dem ein beliebiges Thema auf Jesus oder das Christentum zurückgeführt wird.

Der Verhaltenstherapeut und ehemalige Pastor Gregory Smith prägt den Begriff «Jesus juke», der sich nur unzureichend übersetzen lässt. Meist wird er so angewandt, dass ein Gespräch mit einem fast beliebigen Inhalt im Gange ist und ein anwesender Christ ein Stichwort darin nutzt, um das Thema zu wechseln und über den Glauben zu sprechen. Im Englischen klingt der «juke» dabei noch stark nach «joke» (dem Witz), obwohl es sicher nicht jeder lustig findet, wenn eine Unterhaltung gezielt umgelenkt wird.

Wie sieht das praktisch aus?

Dieses Gesprächsmanöver kann bei jedem Thema zur Anwendung kommen – es sei denn, der Glaube ist bereits Inhalt des Gesprächs, dann muss es nicht in diese Richtung gedreht werden. Gregory Smith nennt in seinem Artikel dazu ein paar Beispiele, die nicht nur in den USA so stattfinden:

  • Beim Unterhalten übers Wetter wirft jemand ein: «Die Sonne erinnert mich an die Liebe Gottes, die auf uns herabscheint. Hast du schon einmal daran gedacht, wie wärmend seine Nähe ist?»
     
  • Nach dem gemeinsamen Schauen eines Films meint einer: «Das war sehenswert, aber weisst du, was noch spannender ist? Die Geschichte von Jesus und seinen Wundern!»
     
  • Wenn es am Arbeitsplatz um die Beförderung einer Kollegin geht, gratuliert eine: «Herzlichen Glückwunsch! Eine grossartige Leistung, aber wir sollten nicht vergessen, Gott allein die Ehre zu geben, der solche Türen öffnet und uns segnet.»
     
  • Zwei Leute reden über die nächsten Ferien und nachdem einer seine Urlaubspläne erklärt hat, meint der andere: «Urlaub ist fantastisch, aber hast du schon einmal daran gedacht, eine geistliche Reise mit Jesus zu machen?»

Man könnte die Liste fast endlos fortsetzen, aber die meisten werden das Muster darin erkennen und gleichzeitig an Menschen denken, die andere gern auf diese Weise ansprechen.

Warum kommunizieren manche Christen so?

In der Regel verwenden Christen solche Gesprächsmuster, wenn sie Jesus Christus unbedingt zum Thema machen möchten, weil ihnen ihr Gegenüber am Herzen liegt. Sie wollen das teilen, was sie selbst im Glauben erlebt haben – und dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Aber warum wählen sie diese seltsame Form? Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben:

  • Evangelisationsschulung. Es gibt Kurse, Seminare und Bücher, in denen Menschen geradezu darauf geeicht werden, immer und auf jeden Fall direkt übers Evangelium zu sprechen. Dabei werden dann diese «verkürzten Brücken» genommen, um ja keine Zeit zu verlieren.
     
  • Tiefer Kontakt. Viele Gespräche verlaufen nur als Smalltalk, wo man Belanglosigkeiten austauscht. Wer nun die Sehnsucht nach echter Nähe und besseren Beziehungen hat, sucht nach Möglichkeiten, das Gespräch zu vertiefen. Da ist es einladend, die Unterhaltung schnell auf eine geistliche Ebene zu bringen.
     
  • Religiöse Relevanz. Manche Christen wünschen sich, ihren Unterhaltungen einen Mehrwert zu geben. Das Sprechen über Urlaub allein ist für sie nicht wichtig genug, also nutzen sie Aussagen über Jesus, um ihren Alltag bedeutungsvoller und gleichzeitig anderen den eigenen Glauben verständlicher zu machen.
     
  • Sozialer Druck. In einigen Kirchen und Gemeinden wird es sehr stark forciert, den Glauben immer und überall zum Gesprächsthema zu machen.

Es sind noch zahlreiche weitere Gründe denkbar, vom eigenen kulturellen Umfeld bis hin zum Etwas-beweisen-Müssen, allen aber ist gemeinsam, dass das eigene Bedürfnis, die gute Nachricht weiterzugeben, im Mittelpunkt steht – und auch die Art und Weise, wie das geschieht.

Was ist das Schwierige am «Jesus juke»?

Sollen Christen nun etwa nicht mehr über ihren Glauben sprechen? Dürfen sie nicht mehr missionieren, also andere dazu einladen? Das wäre ein grosses Missverständnis. Das Evangelium muss weitergesagt werden, Jesus nahm seine Jünger sogar einmal kritischen Pharisäern gegenüber in Schutz: «Wenn diese schweigen sollten, dann würden die Steine schreien!» (Lukas, Kapitel 19, Vers 40) Das Problematische am «Jesus juke» ist also gar nicht, dass über den Glauben gesprochen wird, sondern nur, wie das geschieht.

Beim Football oder auch bei unserem Fussball ist ein Austricksen des Gegners Teil des Spiels. Da wird umdribbelt, getunnelt, angetäuscht und vieles mehr, um das ersehnte Tor zu schiessen. Bei einem evangelistischen Gespräch geht es allerdings nie darum, das Gegenüber zu täuschen oder zu besiegen, höchstens zu gewinnen oder zu überzeugen. Deshalb passt es auch nicht, mit Taschenspielertricks das Thema zu wechseln. Wenn dem anderen ein Austausch über den gerade angeschauten Film wichtig ist, kann man ruhig darüber reden. Zu einem anderen Zeitpunkt ist dann das Gespräch über ein Glaubensthema dran – das müssen jeweils beide wollen. Wer mit einem Täuschungsmanöver in ein Glaubensgespräch verwickelt wird, wird das genau auf diese Weise wahrnehmen. Gewinnend ist das nicht. Auch Gregory Smith hält abschliessend fest, dass diese Taktik «ein unbeholfener Versuch ist, religiöse Themen anzusprechen, und bei den anderen Gesprächsteilnehmern möglicherweise nicht gut ankommt. Denken Sie also an Ihr Publikum, bevor Sie einen religiösen Bezug herstellen, der Ihnen so wichtig erscheint.»

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Autor: Hauke Burgarth / Gregory Smith
Quelle: Jesus.ch / patheos.com (s.u.)

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