«Ohne religiöse Zugehörigkeit»: seit 2000 verdreifacht

Eine Frau, die Bibel liest
Ein Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz legt sich religiös nicht fest – auf Kosten der etablierten Konfessionen. Dies geht aus den neuesten Zahlen des Bundesamts für Statistik hervor.

Der aktuelle Bericht basiert auf den definitiven Zahlen des Jahres 2021. Die Schweizerinnen und Schweizer, die sich zu keiner Religion bekennen, machen heute 32,3 Prozent der Bevölkerung aus. Während 1970 nur 1,2 Prozent angaben, keiner Religion anzugehören, waren es im Jahr 2000 bereits 11,4 Prozent. Seit der Jahrtausendwende hat sich dieser Anteil verdreifacht.

Von den Bürgerinnen und Bürgern ohne Religionszugehörigkeit bezeichnen sich 38 Prozent als Atheisten und mehr als ein Fünftel als Agnostiker. Immerhin 30 Prozent der Nichtreligiösen bekennen sich zum «Glauben an eine höhere Macht».

Starker Rückgang der «ererbten Religion»

Entwicklung der Religionslandschaft

Die Statistik zeigt, dass die Zahl derer, die sich 2021 zum römischen Katholizismus bekennen (32,9 Prozent), im Vergleich zu 2010 um 5,7 Prozent zurückgegangen ist. Noch deutlicher ist der Rückgang bei den Protestanten und Reformierten (21,1 Prozent), das sind 6,9 Prozent weniger als 2010. War 2000 noch ein Drittel der Bevölkerung reformiert, ist es heute noch ein gutes Fünftel.

Viele Schweizerinnen und Schweizer, die den historischen Landeskirchen angehören, praktizieren ihren Glauben nicht. Rund 40 Prozent der reformierten und 30 Prozent der römisch-katholischen Gläubigen geben an, nie zu beten. Die Hälfte der reformierten Protestanten besucht weniger als fünfmal im Jahr einen Gottesdienst. Bei den römisch-katholischen Gläubigen ist die Besuchshäufigkeit etwas höher: Sie gehen ein- bis zweimal im Monat in die Kirche.

«Freie Evangelikale» am stärksten im Glauben engagiert

Der Bericht des Bundesamtes für Statistik macht es nicht leicht, einen genauen Prozentsatz der evangelikalen Christen zu errechnen. Er spricht von «0,5 Prozent neupietistischen oder evangelikalen Gemeinschaften, 0,4 Prozent Pfingstgemeinden und anderen charismatischen Gemeinschaften, 0,2 Prozent apostolischen Gemeinschaften» sowie von «1,1 Prozent anderen evangelisch-reformierten Kirchen» und «0,3 Prozent anderen christlichen Gemeinschaften».

Bei der Definition der Praktiken ist der Bericht jedoch etwas genauer. 93 Prozent der «anderen evangelikalen Gemeinschaften» glauben an einen einzigen Gott (im Vergleich zu 40 Prozent der reformierten Protestanten). Freie Evangelikale beten auch «häufiger»: 30 Prozent beten mehrmals täglich und 54 Prozent fast täglich. Der Gottesdienstbesuch ist bei den Evangelikalen unter allen Religiösen am höchsten: «68 Prozent der Mitglieder anderer evangelikaler Gemeinschaften besuchen mindestens einmal pro Woche einen Gottesdienst», heisst es im Bericht.

Macht der Glaube einen Unterschied im Leben?

Jeweils 45 Prozent der Bevölkerung glauben an ein Leben nach dem Tod, an Engel oder übernatürliche Wesen, die über uns wachen, sowie daran, dass manche Personen über die Gabe des Heilens oder Hellsehens verfügen. Am verbreitetsten sind die Überzeugung, dass die Evolutionstheorie die schlüssigste Erklärung für den Ursprung des Menschen ist (55 Prozent), sowie der Glaube an eine höhere Macht über unser Schicksal (51 Prozent).

Wenn es um die Lebenspraxis geht, stimmt mehr als die Hälfte (53 Prozent) zu, dass «Religion oder Spiritualität in schwierigen Lebensphasen eine eher oder sehr wichtige Rolle spielt». 40 Prozent der Bevölkerung geben an, dass Religion oder Spiritualität für ihre Einstellung zur Umwelt wichtig ist, für 42 Prozent ist es für die Erziehung der Kinder relevant. Zu den Lebensbereichen, für die der Glaube weniger wichtig ist, gehören das Arbeitsleben (21 Prozent), Entscheidungen bei Volksabstimmungen oder die politische Orientierung (14 Prozent), Sexualität (16 Prozent) oder Essgewohnheiten (14 Prozent), so der Bericht.

Zum gesamten Bericht:
Bundesamt für Statistik

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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Evangelical Focus / Bundesamt für Statistik

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