Aussen blitzblank sauber – aber wie sieht's drinnen aus?
«Glücklich seid ihr, wenn ihr ein reines Herz habt. Ihr werdet Gott schauen» (Die Bibel, Matthäus-Evangelium, Kapitel 5, Vers 8). Seien wir ehrlich: Wohl kaum eine der Seligpreisungen erzeugt so spontan das Gefühl «Ertappt!» wie diese hier. Ein reines Herz? Jesus, mal ganz ehrlich – wer hat das? «Ich bin klein, mein Herz mach rein», haben wir früher gebetet – aber heute sind wir gross, oder?
Idealismus?
Wir können Jesus als hehren Idealisten abtun – damit wären wir aus dem Schneider. Oder wir können uns dieser «Seligpreisung» stellen, die ja eine tiefe Sehnsucht weckt: «Gott schauen», das grosse Ziel aller Religionen. Aber eben: Wer hat schon ein reines Herz?
Nun, Jesus war kein Idealist; von ihm wird gesagt, dass er «wusste, was im Menschen steckt» (Die Bibel, Johannes-Evangelium, Kapitel 2, Vers 25). Also müssen wir versuchen, dieser Seligpreisung auf die Spur zu kommen.
Das Herz
Die Bibel ist sehr realistisch. Es geht immer um das «Herz» des Menschen. Jeder Mensch hat solch ein innerstes Entscheidungs- und Persönlichkeitszentrum, wo seine tiefsten Motive sitzen. Und das ist von Natur aus nicht gerade «rein». Glasklar sagt Jesus: «Aus dem Herzen des Menschen kommen die bösen Gedanken und mit ihnen alle Arten von Mord, Ehebruch, sexuelle Unmoral, Diebstahl, falsche Aussagen, Verleumdungen» – all das, was wir täglich in der Zeitung lesen. Wir sind herzkrank, auch wenn wir kerngesund sind.
Deshalb geht es in der Bibel immer um unser Herz, nicht nur den Kopf. Das Herz umfasst den Willen, das Denken und die Emotionen – all das, was mich zuinnerst antreibt. «Gib mir dein Herz» – so wirbt Gott schon im Alten Testament wie ein Liebender um uns (Buch der Sprüche, Kapitel 23, Vers 26). Damit wird auch hier wieder klar: Christsein ist nicht zuerst Ethik (Handeln), sondern zuerst eine innerste Gottesbeziehung. Gott sucht nicht unsere makellose Leistung, sondern unser Herz.
Ein reines Herz
Gibt es denn nun ein reines Herz? Wir müssen einmal klarstellen: Hier geht es nicht um Sex. Zu allen Zeiten hat die Kirche mit diesem Vers die Sexualität verurteilt, als wenn ein «reines» Herz ein «sexfreies Innenleben» bedeutete. Es ist falsch, alles auf Sex zu fixieren. Genauso falsch ist es natürlich, die Macht des Sex auszuklammern. Es ist heute für jeden Mann und jede Frau ein rechtes Stück Arbeit, sich vor dem hemmungslosen Mitgerissenwerden zu schützen.
Eines der grössten Angebote der Bibel ist das Angebot innerer Reinigung, aufbauend auf Vergebung. «O Gott, schaffe in mir ein reines Herz und gib mir einen neuen, eindeutigen Sinn», hat David gebetet (Buch der Psalmen, Kapitel 51, Verse 12-14). Egal, wo wir Schuld erleben – Gott ist mehr als willig, allen Inwelt-Schmutz zu vergeben und zu reinigen.
Was will ich letztlich?
Aber es geht bei einem «reinen Herzen» um mehr. Jesus meint einen Menschen ohne Heuchelei – ehrlich, transparent und eindeutig. Schon im Alten Testament heisst es: «Wer schuldlos ist an den Händen und reinen Herzens, wer nie den Sinn auf Täuschung gerichtet hat, wer nicht betrügerisch schwört, der wird den Segen empfangen vom Herrn» (Buch der Psalmen, Kapitel 24, Verse 4 und 5).
Und Jakobus lädt ein: «Sucht die Nähe Gottes, dann wird er euch nahe sein. Wascht die Schuld von euren Händen, ihr Sünder, und lasst Gott allein in euren Herzen wohnen, ihr Unentschiedenen!» (Die Bibel, Brief des Jakobus, Kapitel 4, Vers 8, eigene Übersetzung).
Gott geht es um unsere Motive. «Rein» bedeutet «eindeutig, auf ein Ziel bedacht, das Eine wollen». Eine solche Reinheit des Herzens bewirkt Klarheit der Gedanken und ist damit Voraussetzung für geistliches und charakterliches Wachstum. Wenn Herz, Sehnsucht und Wille auf Gott ausgerichtet sind, werden alle unsere Motive und Gedanken zunehmend gereinigt und gestrafft.
Gott schauen
Wir merken schon: Gott nimmt man nicht so im Vorbeigehen mit. Das hier ist auch ein Vers gegen die Gottesinflation – als wenn Gott eine billige Ware wäre, an jeder Ecke zu haben. Aber den Menschen, die Gott wirklich wollen, denen schenkt er sich. Wer ihn von Herzen sucht, von dem lässt Gott sich gerne finden.
Gott ist eigentlich nicht sichtbar. Wir können ihn nicht sehen, aber sehr wohl «schauen» – heute schon, vor allem im Gebet. «Schauen» ist ein inneres Sehen, ein Akt der Liebe. Und wenn wir Gott schauen, werden wir verändert. Es ist wie ein inneres Naturgesetz, dass wir zu dem werden, was wir «schauen» (Vgl. Die Bibel, 2. Brief an die Korinther, Kapitel 3, Vers 18).
Schliesslich: Eines Tages werden wir Gott sehen, wie er ist. Dann bleibt nur noch das Staunen.
Wir beschäftigen uns in diesen Wochen mit den «Seligpreisungen» von Jesus. Nächste Woche: «Frieden Stiften - eine sehr perönliche Sache».
Zum Thema:
Dossier Seligpreisungen
Note «ungenügend»: Der Blick in den Spiegel
Gestörte Selbstwahrnehmung: Gott zerbricht unsere Spiegel
Umwerfend schön – mal anders: Wie die Bibel Schönheit definiert