«Der Himmel ist real – ich habe es erlebt!»

Tobias Weber im Interview mit Jaël Binggeli
Tobias Weber aus Burgdorf verlor als 13-Jähriger seinen älteren Bruder durch einen Unfall. Seither hat sich seine Perspektive zum Tod und dem Leben danach verändert. Die Trauer war ein langer Prozess, aber sie führte zum Guten, sagt der Jugendpastor.

«Mein älterer Bruder absolvierte am 21. Juli 2008 im Welschland eine Schnupperlehre als Dachdecker», erzählt Tobias Weber. «Er stand auf einem 40 Meter hohen Gebäude mit Flachdach, es war so gross wie ein Fussballfeld. Die Arbeiter mussten Brandschutzschächte montieren und dazu die Holzabdeckung der Schächte im Umfang von 2x2 Metern entfernen. Weil der andere Arbeiter nicht weit genug zur Seite trat, sah mein Bruder den Abgrund nicht und stürzte hinein. Er fiel 40 Meter in die Tiefe und war sofort tot.»

Das kann nicht sein!

Es war ein heisser Sommertag, Tobias, 13, und seine Mutter waren zuhause, der Vater bei der Arbeit. Um 14:00 Uhr stand ein Polizist vor der Tür und erklärte: «Ich muss ihnen leider mitteilen, dass ihr Sohn während der Arbeit tödlich verunfallt ist.» Das wars, keine weiteren Informationen, kein Care-Team – die Familie erfuhr keine Details, doch die Eltern mussten ihr Kind identifizieren.

Der heute 28-Jährige erinnert sich: «Bei mir gingen die Emotionen durch, mein Bruder und ich hatten eine sehr enge Beziehung. Wir waren uns sehr ähnlich, spielten beide leidenschaftlich gern Unihockey. Nun war er tot und ich hatte mich nicht von ihm verabschieden können.» Die Hilfe durch einen Kinderpsychologen war kontraproduktiv: «Wir haben diese Übung schnell abgebrochen», erzählt er, «jedoch als Familie viel darüber geredet.»

Hilflose Helfer

Für viele Menschen sei es eine Überforderung, angemessen auf so einen Ausnahmezustand zu reagieren. Tobias versteht das. Einige hätten damals die Strassenseite gewechselt, um nichts sagen zu müssen. Andere fanden: «Vielleicht ist ihm viel erspart worden…» Doch solche Floskeln helfen nicht. «Weniger ist oft mehr, eine Umarmung genügt», findet der nun einzige Sohn der Familie. «Aber es zu ignorieren – das war am allerschlimmsten.» Man könne fragen: «Wie kannst du mit dieser Situation umgehen?» Empathie zu spüren, tue gut.

Den Abschied nachholen

«Als Teenie denkt man nicht an den Tod, da will man das Leben entdecken. Mein Bruder war 15, als er starb», hält Tobias fest. Während der Berufslehre überrollten ihn die Ereignisse nochmals. «Ich wurde von einer Unzufriedenheit befallen, die ich nicht einordnen konnte.» Mit 17 Jahren nahm er Seelsorge in Anspruch, ging während zwei Jahren das Trauma an. «Darüber reden ist sehr wichtig», betont der heutige Jugendpastor. Dass sein Bruder so abrupt aus seinem Leben gerissen wurde, setzte ihm noch immer zu. Er hatte in seiner Kindheit stets gehört: «Gott ist gut». Wie sollte er das mit dem Tod seines Bruders zusammenbringen?

Doch dann geschah etwas Aussergewöhnliches. «In einem sehr realen Traum habe ich meinen Bruder nochmals getroffen. Wir waren in einer himmlischen Atmosphäre und redeten miteinander. Er sagte, es gehe ihm gut und er geniesse es hier. Und wir würden uns ja wiedersehen.» Dieses Erlebnis war ein Gottesgeschenk für Tobias und beendete die Trauerphase.

Trost

«Ich wusste nun ganz sicher: Mein Bruder ist bei Jesus. Ich werde auch zu ihm gehen, wenn ich mit Jesus unterwegs bleibe.» Der Tod seines Bruders habe sein Leben komplett verändert – zum Guten, findet Tobias. «Ich fragte mich schon mit 13 Jahren, wozu ich lebe, welchen Sinn es macht. Ich erkannte damals, dass wir die Ewigkeit mit Gott verbringen werden.» Hier auf der Erde habe man nichts in der Hand, deshalb entschied er: «Gott ist meine Versicherung, mit ihm habe ich eine Perspektive.»

Er sei anfangs sehr wütend gewesen auf Gott: «Aber dann kam er mir so nah wie nie vorher. Gott hat mein Herz bewegt, ich spürte, er ist lebendig und will eine Beziehung haben mit mir.» Er empfiehlt, die Gegenwart Gottes zu suchen, sich ihm zuzumuten. Und sich viel Zeit zu lassen auf dem Weg zu Heilung – die Seele brauche viel davon, um solche Ereignisse zu verarbeiten.

Ziel erreicht

«Wenn unser irdisches Leben endet, geht es weiter in der Ewigkeit», ist Weber überzeugt. «Menschlich tut es zwar sehr weh, aber mein Bruder hat dieses Ziel erreicht.» Wie Paulus in der Bibel schreibe, werden wir unseren Lauf hier eines Tages beenden, dann geht es im Himmel weiter. Eine Woche vor seinem Tod habe sein Bruder eine Leiterin im Adonia-Sportlager gefragt: «Wenn ich eine Sünde noch nicht bekannt habe – käme ich dann trotzdem in den Himmel, wenn ich jetzt sterben würde?» Er fand es aussergewöhnlich, dass ein 15-Jähriger sich solche Gedanken macht, erklärt Tobias. «Ob Gott ihn vorbereitet hat?»

Ein langer Weg

«Wir mussten den Tod unseres Sohns und Bruders verarbeiten und den Beteiligten vergeben. Es ist ein Fehler passiert, und am Anfang stand der Verursacher nicht dazu, der genaue Hergang wurde vertuscht», berichtet Tobias. «Als es dann herauskam, stieg ein riesiger Hass auf in mir, ich war tief verletzt.» Seine Eltern und er erkannten: «Wir müssen ihm vergeben – wir entscheiden, ob wir frustriert oder barmherzig weiterleben.» Tobias wollte vergeben, doch es gelang nicht. «Ich habe es sicher 100 Mal probiert…»

Mit Gottes Hilfe konnte die Familie schliesslich die Anklage loslassen. Etwa zehn Jahre später schrieb Tobias einen Brief an den Unfallverursacher, indem er ihm seine Vergebung zusprach. «Dem ist aber ein langer Prozess vorausgegangen», hält er fest. «Man muss der Trauer Zeit und Raum geben, anders geht es nicht.» Er habe Gott sein Herz ausgeschüttet, suchte immer wieder seine Gegenwart und erlebte ihn auf ganz neue Weise. Er empfehle das sehr, und auch, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. «Man kann diese Emotionen  nicht einfach weg beten, man muss sie durcharbeiten.»

Perspektive für die Ewigkeit

«Der Himmel ist real», bestätigt der Pfimi-Jugendpastor aus Burgdorf «Ich war im Traum dort – das kann mir niemand wegnehmen und das hat meine Perspektive völlig verändert.» Er betont: «Wie wir auf Erden leben, ob mit oder ohne Gott, hat Konsequenzen.» Tobias fordert auf: «Sei dankbar für dein Leben – du weisst nie, wie lange du hier bist. Aber in Bezug auf die Ewigkeit möchte ich dir sagen: Der Himmel ist echt, er ist eine Realität.»

Sehen Sie sich den Livenet-Talk mit Tobias Weber an:
 

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Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet

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