«Ich bin den ständigen Pessimismus satt»

Dr. Johannes Hartl
Am HOPE-Inspirationstag in Thun begründete der Theologe, Philosoph und Influencer Johannes Hartl, warum jetzt gerade Hoffnung «in» ist. Wir fassen seine Gedanken zusammen.

Gerade unter der Generation Z macht sich heute eine tiefsitzende Hoffnungslosigkeit breit, die von den Algorhythmen der (sozialen) Medien kräftig bearbeitet wird, denn Negatives bringt Klicks. Angst, Zynismus und psychische Störungen sind einige der Folgen dieses zutiefst pessimistischen Zukunftsbildes.

Was weniger bekannt ist: Schon in den 1960ern und 70ern wurden dramatische Prognosen erstellt, etwa dass «der Kampf gegen den Hunger» schon verloren sei und Milliarden von Menschen aufgrund des Bevölkerungswachstums verhungern würden. Aber: Seit den 70er Jahren sind eine Milliarde Menschen weltweit aus der absoluten Armut aufgestiegen. Heute produzieren wir deutlich mehr Nahrungsmittel, obwohl die Weltbevölkerung von 3,8 auf 8 Milliarden angestiegen ist. Der Anteil der Unterernährten ist von 30% auf 10% gesunken. Betrachtet man die wesentlichen Faktoren der Lebensqualität, etwa Schulbildung, Heilung von Krankheiten, Lebenserwartung, Zugang zu sauberem Wasser, Lebenserwartung, so hat sich die Situation für die meisten Menschen weltweit enorm verbessert.

Damit ist nicht gesagt, dass alles gut ist; etwa die Klima- und die Energiefrage sind neue Herausforderungen. Aber das grösste Problem ist wahrscheinlich unsere Kultur der Hoffnungslosigkeit, die Energie und Perspektive raubt. Es ist fast symbolisch: Man klebt (sich) fest, statt etwas zu bewegen. Die zutiefst pessimistische Sicht der Zukunft raubt uns die Erfolge der Vergangenheit, übersieht die Chancen und Möglichkeiten – und übersieht Gott, dem sie nichts mehr zutraut.

Die Tugend «Hoffnung»

Optimismus ist eine Charaktereigenschaft (die man hat oder nicht), Hoffnung dagegen ist eine «Tugend» – eine Haltung, die man einüben kann. Sie ist etwas Erlerntes, etwas Erarbeitetes. Auch wenn ich lieber ausschlafen würde, stehe ich auf. Hoffnung ist etwas, das man tut, obwohl man Angst hat.

Wie Glaube und Liebe führt die Hoffnung direkt auf Gott zurück. Christen sind Hoffnungsträger – nicht weil alles besser wird, sondern weil sie mit einem Gott rechnen, der sich vorstellt als «Ich werde sein, der ich sein werde». Gott ist der Gott der Zukunft, gerade da, wo wir oft mit der Angst flirten. Auch Christen reden die Gegenwart und die Zukunft oft schlecht («früher war alles besser»). Aber Gott sagt: In jeder neuen Situation werde ich mich als der erweisen, der ich immer bin. Die Zukunft ist darum keine schlechte, weil Gott immer neu da ist. Darum sagt die Bergpredigt: Sei nicht besorgt um den morgigen Tag. Es geht also um die immer wieder neu einzuübende Entscheidung, aus der Hoffnungslosigkeit ausbrechen und Hoffnung einzuüben, die begründet ist.

Hoffnung einüben

Wie kann man persönlich diese Tugend der Hoffnung lernen und trainieren? Vier Schritte helfen:

  1. Bei allen extremen Emotionen, die einen überfluten: STOP! Was geht hier ab?
    Gefühle sind wie kleine Kinder: Sie wollen gehört und wahrgenommen werden, aber man muss nicht alles tun, was sie sagen und wollen. Gedanken nähren Gefühle; Angst, Groll oder Ärger z.B. können so immer grösser werden. Solche negativen Gefühle entwickeln eine Eigendynamik und werden zum «Spirit».
     
  2. Einem Spirit muss man etwas sagen, nämlich Nein.
    Der Spirit der Hoffnungslosigkeit ist der Geist des Todes. Unsere Zeit ist sehr anfällig für den Flirt mit Tod, zum Beispiel für die Lüge, dass es vielleicht auch schön wäre, wenn es dich nicht gäbe. Oder die Überzeugung, es sei nicht mehr richtig, Kinder zu haben.
     
  3. Nicht nur «Nein» sagen, sondern einen neuen Fokus anpeilen.
    Gegen die negative Spirale werden neue Glaubenssätze gesetzt: «Ich bin bedingungslos geliebt; ich muss nicht alles allein schaffen; ich muss nicht perfekt sein.»
     
  4. Achtung: Man muss sich nicht alles reinziehen.
    Was konsumiere ich? Was macht das mit mir? Lassen Sie sich nicht verkaufen und in den Sog der Angst ziehen. Ihr Kopf ist wie ein Blumenbeet – was Sie da pflanzen, wächst halt.

Wenn du durch die Hölle gehst …

Statt auf der Seitenlinie zu stehen und die böse Welt zu beklagen, könnten Christen Menschen sein, die Hoffnung verbreiten und damit in unserer Gesellschaft etwas zu sagen haben. In Krisenzeiten gilt: Wer Hoffnung bringt, führt.

Die Hoffnung von Christen ist nicht ein billiger Optimismus, sondern eine «durchtrainierte» Überzeugung, weil sie auf einen setzt, der – als einziger! – von sich sagen kann: «Ich war tot und siehe, ich lebe. Ich bin der Erste, der Letzte und der Lebendige.» Winston Churchill sagte: «Wenn du durch die Hölle gehst – geh weiter.» Hier ist einer, der durch die Hölle durchgegangen ist. Wer sein Leben an Jesus festmacht, hat nicht auf alles eine Antwort, aber die Frage nach der Zukunft ist entschieden. Die Zukunft ist nicht gut, weil alles gut wird, sondern weil Gott gut ist und auf unserer Seite steht.

Hören Sie sich den Vortrag zum Thema «Lust auf Zukunft» an:
 

Zum Thema:
Glauben entdecken
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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