«Die Frage ist: Wer will ich sein?»
Butter. Früher sagte man «gute Butter», um sie von der Margarine abzugrenzen, die als billiger und schlechter galt. Heute ist Butter «böse», weil man wegen des hohen Fettanteils dafür viel Milch von vielen Kühen braucht. Futterherstellung und -transport und Methanproduktion tun ihr Übriges und in der Herstellung ist sie aufwändiger und energieintensiver. Gleichzeitig kommt bald Ostern und ich denke an den Osterzopf – mit Butter im Teig und als Aufstrich. Und an buntgefärbte Eier auf dem Frühstückstisch. Und an die vielen armen Hühner, die zur Eierproduktion auf engem Raum gehalten werden – gefüttert mit importiertem Soja, für das Regenwald abgeholzt wurde...
Was tue ich also dieses Jahr an Ostern? In der ständigen Zerrissenheit zwischen einem nachhaltigen und gleichzeitig alltagstauglichen Lebensstil und den Ansprüchen, die von aussen an mich herangetragen werden oder durch die ich mich unter Druck gesetzt fühle, stiess ich neulich auf die Frage: Wer will ich sein? Will ich jemand mit ständigem schlechtem Gewissen sein? Weil ich immer zu wenig tue und dann denke, dass doch alles nichts bringt, wenn «die da oben» keine vernünftigen Gesetze erlassen und strenge Massnahmen anordnen? Oder will ich jemand sein, die sich entschieden hat, mit ihrem Verhalten zur Wende im Klimawandel beizutragen? Egal ob der Rest der Welt dabei mitmacht und meine Bemühungen Aussicht auf einen nennenswerten Erfolg haben.
Mit sich im Reinen sein
Die Idee, dass ich mit mir und meinem Verhalten im Reinen bin, dass ich schlicht weiterhin Nachhaltigkeit lebe und mich nicht von schlimmen Schlagzeilen oder Kommentaren frustrieren lasse, fasziniert mich. Ich will ausprobieren, ob mich das zufriedener macht. Denn schliesslich ist das ja ein absolut christlicher Ansatz: Nicht danach zu handeln, was die anderen denken, reden und tun, sondern das Gute und Richtige zu tun, indem ich Jesus nachfolge und Gottes Schöpfung bewahre. Unsere Haltung als Christen ist ja nicht: Wir tun, was alle tun. Wir wissen, dass wir einen Unterschied machen sollen – im Umgang mit unseren Mitmenschen, im Umgang mit Besitz und auch im Umgang mit Ressourcen.
Auch kleine Schritten bewegen
Und wir haben von Gott dafür klare Regeln bekommen, an die ich mich sonst auch halte und nicht nach Ausreden suche. Zumindest meistens. Als Christin vertraue ich natürlich darauf, dass Gott seine Schöpfung liebt und bewahrt. Aber ich sehe auch die Aufgabe, meinen Teil dazu beizutragen. Ich will eine sein, die gestärkt durch das Wissen um Gottes Kraft, die in den Schwachen mächtig ist, ihren kleinen Beitrag leistet. Und ich will das nicht entmutigt oder gar missmutig tun, sondern fröhlich. Ich will eine sein, die ausstrahlt, dass auch kleine Schritte Dinge bewegen können, und die unbeirrt von Kommentaren anderer Menschen damit weitermacht.
Und vielleicht lassen sich ja Menschen von dieser Haltung anstecken, statt Ausreden zu suchen, verlassen auch ihre Komfortzone und fragen nach Bio-Fleisch oder vegetarischen Gerichten in Läden und Restaurants. Sagen ganz klar, dass der Urlaub bewusst ohne Flug geplant war, auch wenn man länger unterwegs ist. Und kommen so – wie ich – dem Bild davon, wer sie sein wollen, näher und sind zufriedener mit sich. Ich werde dieses Jahr mal mit veganen Ersatzprodukten für den Osterzopf experimentieren und es gibt für jeden nur zwei gefärbte Eier. Bunt bemalte Eier zur Deko habe ich noch genug in der Osterkiste.
Dieser Artikel erschien im Magazin andersLEBEN, SCM Bundes-Verlag.
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