War Jesus Palästinenser?

Szene aus dem Film Maria mit der israelischen Schauspielerin Noa Cohen
Die Vereinnahmung Israels für «Palästina» treibt neue Blüten: Der Papst betet vor einem Jesus auf einem Palästinenser-Tuch, und der Netflix-Film «Maria» wird kritisiert, weil die Hauptdarstellerin eine israelische Frau (!) ist.

«Vom Fluss bis zum Meer» soll das Land «frei» sein – im Zusammenhang mit den Kämpfen in Gaza macht sich in Demonstrationen und in sozialen Medien vielerorts eine antisemitische (eigentlich anti-israelische) Haltung breit, die das Reizwort «Palästina» als Kampfbegriff einsetzt. Daran müssen jetzt auch Jesus, Maria und Joseph glauben.

«Historische Dummheit»?

Einige Tage lang stand im Vatikan eine Krippe mit Holzfiguren, in der das Jesuskind auf einem Palästinensertuch, der schwarzweissen «Kufiya», lag. Fotos zeigen Papst Franziskus im Rollstuhl betend vor der Krippenanordnung. Die Kufiya, die durch Palästinenserführer Jassir Arafat (1929-2004) Kultstatus erhielt, wurde international in der 68er Studentenbewegung und der linken Szene zum Symbol der Solidarität mit den Palästinensern. In Israel wird es dagegen eher als Symbol palästinensischen Terrors angesehen.

Die «Krippe von Bethlehem 2024» im Vatikan wurde von zwei palästinensischen Künstlern aus Bethlehem geschaffen – der Geburtsstätte Jesu, die früher von 80 Prozent Christen bewohnt wurde. Seit die Stadt von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet wird, ist nur noch knapp jeder fünfte Bewohner von Bethlehem Christ.

Die fragwürdige Krippe wurde mittlerweile aus dem Vatikan entfernt. Dass der Papst sich aber betend vor dem Jesuskind auf der Kufiya zeigte, macht das Ganze zu einer künstlerischen Aktion, die eine deutliche Botschaft in die Welt sendet. «Papst Franziskus riskiert eine politisch, historisch und theologisch fragwürdige Adventsbotschaft. Eine Provokation für Christen – ausgerechnet in der Weihnachtszeit», titelte «Focus». «Dieses besondere an der Existenz Jesu, das Jüdische, relativiert der Papst, er wertet es damit ab. Er macht aus Jesus einen Palästinenser, was, wenn man noch nett sein will, eine Geschichtsfälschung ist.» Denn ein Land Palästina als Verwaltungseinheit gab es nie. Jesus und seine Familie waren Juden. Das sollte der Papst, dem Jesus wichtig ist, eigentlich wissen.

Kritik am Netflix-Film «Maria»

In den sozialen Medien läuft momentan zudem eine Kampagne gegen den neuen Netflix-Film «Maria». Der Grund: Die Titelrollen von Maria und Joseph wurden von jüdischen Schauspielern dargestellt. Die beiden Israelis Noa Cohen und Ido Tako teilen sich die Leinwand mit der britischen Filmlegende Anthony Hopkins, der König Herodes spielt. Kritiker werfen den Machern des Films vor, die «palästinensische Identität» der Eltern Jesu zu ignorieren, finden die Schauspieler aus dem «Siedlerstaat» «beleidigend» und eine «widerliche Dreistigkeit».

Was ist Palästina?

Bemerkenswert in dieser ideologisierten Debatte ist die historische Ahnungslosigkeit der Kritiker. Das Land zwischen Jordan und Mittelmeer war in biblischer vor-israelischer Zeit als Kanaan bekannt. Bethlehem lag im jüdischen Staat, genauer in der römischen Provinz Judäa. Nach dem jüdischen Bar-Kochba-Aufstand 132-135 n. Chr. benannte Kaiser Hadrian «Judäa» in «Palästina» (eigentlich «Syria Palästina») um – als Zeichen seiner konsequenten antijüdischen Politik, um die Juden ins römische Reich zu assimilieren. Seit der römischen Ära hat der Name jedoch keine politische Bedeutung mehr. Eine historische Nation mit diesem Namen existiert nicht. «Palästina» wurde jahrhundertelang als geographischer Begriff ohne klare Grenzen verwendet. Bis zum Ersten Weltkrieg gehörte das Gebiet zum Osmanischen Reich und war in mehrere Provinzen und Gouvernements unterteilt. Eine Verwaltungseinheit bildete es nie.

Jesus und seine Familie waren also eindeutig Juden. Der «Maria»-Regisseur D.J. Caruso erklärte darum gegenüber Entertainment Weekly: «Es war uns wichtig, dass Maria, wie auch der Grossteil unserer Hauptdarsteller, aus Israel ausgewählt wurde, um Authentizität zu gewährleisten.»

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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Focus / Die Tagespost

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