«Macht Leiden Sinn?»

Tom Sommer und Daniel Villiger bei der Vernissage des Films in der ref. Kirche Würenlos
Viele Menschen sind von Leid betroffen. Ein Film dazu beleuchtet das Thema durch Interviews mit Leid-Betroffenen und Vertretern verschiedener Religionen. Ziel ist, ins Gespräch zu kommen und die Perspektive des christlichen Glaubens aufzuzeigen.

Die Corona-Pandemie hat es gezeigt: Leid in dieser Welt ist unausweichlich. Wir werden überrollt von Naturkatastrophen wie Tsunamis oder Viren, wir leiden unter menschengemachten Übeln wie sozialen und politischen Strukturen, Kriegen, Ungerechtigkeit oder individuellem Fehlverhalten. Viele Menschen folgern daraus: «Es gibt keinen Gott – das Leben ist ein Kampf ums Überleben.» Nur: Ist diese Schlussfolgerung logisch begründet und hilft sie bei der Bewältigung persönlichen Leids?

Film produzieren

Das Institut für Glaube und Wissenschaft (Iguw) in Marburg liess einen Film zum Thema «Macht Leid Sinn?» produzieren. Gesamtprojektleiter ist Dr. Alexander Fink, Biophysiker und Leiter von Iguw.de. Die Erstaufführung fand in der reformierten Kirche Würenlos statt, zwei der Schweizer Filmemacher waren anwesend, Tom Sommer und Daniel Villiger. Regie und kreative Umsetzung sind das Werk von Daniel Villiger, der für die Aufnahmen in der Schweiz und in Deutschland auch als Kameramann verantwortlich zeichnete. Die eigens komponierte Musik stammt von seinem Bruder, Martin Villiger, bekannt aus SRF-Dok-Filmen. Tom Sommer wirkte unter anderem mit bei der Konzeptentwicklung, Personenrecherche und den Interviews. Nun ist er Kontaktperson für die Bekanntmachung des Films in der Schweiz.

Für Konfirmanden und Senioren

«Es war herausfordernd, aus der Fülle der Ideen diejenigen zusammenzustellen, die zu einer spannenden Abfolge von Beispielen und Anschauungen führen», erklärt Daniel Villiger. Tom Sommer ergänzt: «Wir möchten Brücken bauen in die Kirchenwelt. Es ist auch möglich, Film und Vortrag zu kombinieren.» Vom Stil her sei die Produktion auf ein junges Publikum ausgerichtet, eigne sich gut für Konfirmandenklassen. An der Première nahmen vor allem Senioren teil. Sie waren beeindruckt und tauschten während des Apéros noch lang über ihre Eindrücke aus.

Eine universelle menschliche Erfahrung

Im Film spricht ein Ehemann, der seine Frau und sein damals einjähriges Kind bei einem Autounfall verloren hat. Und ein interkultureller Berater, dessen Leben aufgrund einer Nervenkrankheit von dauerhaften Schmerzen begleitet ist. Aus Ruanda stammt die Frau, deren Familie im Krieg getötet wurde. Für sie alle hat sich das Leben dramatisch verändert. Stellvertretend für ähnlich Betroffene erzählen sie, wie sie mit ihrem Leid umgehen, was ihnen Trost verschafft.

Für Atheisten ist es unmöglich, wegen des Leids in der Welt an einen liebenden und souveränen Gott zu glauben. Leiden und das Böse seien einfach genauso Teil des Kosmos wie Geburt und Tod, das sei einfach zu akzeptieren. «Wir müssen eine Haltung der produktiven Resignation einnehmen», findet ein deutscher Philosoph. Dem Tod könnten wir nicht entkommen, und es gebe keine Hoffnung darüber hinaus. Im Film wird darauf hingewiesen, dass der Atheismus keine Lösung bringt, die Bibel jedoch trotz allem Leid Hoffnung vermittelt.

Zeit der Prüfung

Viele Muslime sahen in der Corona-Pandemie eine Prüfung, die Allah geschickt habe, um ihre Treue zu ihm zu prüfen. Es liege am Einzelnen, alles zu tun, um in dieser Prüfung standhaft zu bleiben. Aber das Ende sei ungewiss, denn kein Mensch könne den Willen Gottes ergründen. Juden erlebten durch die Geschichte Hiobs, dass Gott mit sich reden, mit sich kämpfen lässt. Sie sehen Leid als Herausforderung, sich zu bewähren. Christen sind davon überzeugt, dass Gott selbst in diese Welt gekommen ist, um mit uns zu leiden. Aus dieser Perspektive kann man auch sagen: «Das Leiden ist Gottes Weckruf an die Menschheit, dass mit der Welt etwas zutiefst falsch ist, das nicht durch Technik oder Sozialsysteme geheilt werden kann.» Nur Gott könne Herzen verändern. Deshalb habe Jesus Christus für die Menschen den Tod erlitten. «Seine Auferstehung ist eine feste Verheißung der Hoffnung über den Tod hinaus.»

Christliche Sicht des Leidens

Die Evangelien schildern Jesus als einen Menschen, der Leidenden mit Einfühlungsvermögen und Barmherzigkeit begegnet. Bestseller-Autor Tom Holland erzählt im Interview, wie dies den Lauf der Weltgeschichte veränderte. Christen begannen im Römischen Reich, sich um diejenigen zu kümmern, die von allen anderen aufgegeben wurden, zum Beispiel Aussätzige ohne jede Hoffnung auf Heilung. Dies führte zur Gründung von Krankenhäusern und Hospizen. Und da Jesus denen vergab, die ihn gekreuzigt hatten, versuchten viele Christen, seinem Beispiel zu folgen – auch wenn es schwer war (und ist), denen zu vergeben, die sie verfolgten oder verleumdeten. Doch sie vertrauten darauf, dass Gott der letzte und einzig wahre Richter ist. Eine neue Einstellung zum Leid und zum Bösen entstand, die unsere Gesellschaft bis heute prägt.

Wie kann man mit Leiden umgehen?

Die porträtierten Menschen haben Wege gefunden, mit ihrem Leid umzugehen bzw. es zu ertragen. Einige wurden von guten Freunden begleitet, andere fanden Hilfe bei Ärzten oder akzeptierten ihr Leben mit gesundheitlichen Problemen. Einige sind immer noch am Kämpfen. Andere überwanden ihr Verlangen nach Rache und waren – nach einem langen Prozess – in der Lage, den Tätern zu verzeihen. Im Film werden unterschiedliche Schicksale gezeigt, wie verschiedene Menschen mit Widrigkeiten zurechtkommen oder sie sogar überwinden.

Wir wissen nie mit Sicherheit, warum Menschen von Leid betroffen werden. Dennoch lässt sich eine Perspektive gewinnen, die mit Leid fertig wird. Der Film zeigt Wege dazu auf, lädt dazu ein, die eigene Überzeugung zu überprüfen und allenfalls zu verändern. Ein Gesprächsthema, nicht nur für einen Abend.

Ab Mai 2024 wird es möglich sein, auf der Webseite des Instituts für Glaube und Wissenschaft den Film für einen Unkostenbeitrag zu streamen oder herunterzuladen. Der Film wird auch in englischer Sprache und als DVD angeboten werden. Filmdauer: knapp eine Stunde.

 

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Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet

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