Ruf nach assistiertem Suizid ist kein Ausdruck von Freiheit

Sterbehilfe
Der Ruf nach assistiertem Suizid wird oft als Ausdruck von Selbstbestimmung gepriesen. Die wahre Freiheit liegt aber in der Beziehung zu Gott. Im Angesicht des Todes zeigt sich: Unser Leben ist kein Zufall, sondern hat einen ewigen Wert.

In John Christophers dystopischem Jugendroman «Die dreibeinigen Herrscher» gibt es eine bemerkenswerte Szene: Nachdem die Protagonisten Will und Fritz die ausserirdischen Meister besiegt haben, treffen sie auf deren versklavte Menschen, deren Gedanken durch elektronische Hauben kontrolliert werden.

Einer dieser Sklaven erhebt sich über den toten Körper seines Unterdrückers und erklärt: «Die Meister gibt es nicht mehr. Deshalb hat unser Leben keinen Sinn mehr. Brüder, lasst uns an den Ort der glücklichen Erlösung gehen.» Mit diesem Ort ist ein von den Meistern eingerichtetes Euthanasiezentrum gemeint.

Matthew Roberts, Pastor in der «Trinity Church York»: «Diese Szene kam mir in den Sinn, als ich zum ersten Mal hörte, dass Befürworter des assistierten Suizids beklagten, dass der Widerstand dagegen oft 'religiös motiviert' sei.» Das sei ein Missverständnis: «Denn der Wunsch, sich das Leben zu nehmen – oder dabei unterstützt zu werden –, ist keineswegs eine Frage religiöser Ablehnung. Er ist vielmehr Ausdruck des humanistischen Glaubenssystems: Humanismus mit einem zentralen Glaubenssatz: Autonomie.»

Autonomie als Herrscher – nicht als Befreier

Das Thema bewegt in Europa immer stärker, wie beispielsweise in Grossbritannien und in der Schweiz. Matthew Roberts fragt, ob es nicht paradox sei, von der «Versklavung durch Autonomie» zu sprechen, die doch wie der Inbegriff von Freiheit klinge. «Hier liegt die Genialität der christlichen Perspektive: Sie erkennt, dass Autonomie von Gott – die ultimative Selbstbestimmung – nicht Freiheit, sondern Sklaverei bringt. Der Versuch, sich der Herrschaft Gottes zu entziehen, führt nicht zur Befreiung, sondern zur Selbstzerstörung. Ein Fisch, der aus dem Wasser springt, findet nicht die Freiheit, sondern den Tod.»

Wer Autonomie zum obersten moralischen Prinzip erhebt, merkt schnell, dass er sich in einem Denksystem verfängt, das nicht befreit, sondern zunehmend entmenschlicht und zerstört. «Nirgendwo wird dies deutlicher als beim Thema des assistierten Suizids. Die Befürworter des assistierten Suizids betonen unermüdlich die Bedeutung der Autonomie.»

Humanismus vor unlösbarem Problem

Mit dem Tod stehe der Humanismus vor einem unlösbaren Problem, sagt Matthew Roberts. «Solange die medizinische Behandlung das Leben verlängert und Symptome lindert, kann die Illusion der Autonomie aufrechterhalten werden. Aber irgendwann kommt der Moment, in dem die Realität des Todes durchbricht. Der Tod ist die ultimative Widerlegung der Autonomie. Für den Humanismus, der keine Hoffnung jenseits des Todes kennt, ist dieser Moment eine Katastrophe.»

Dann heisst es, Sterbende hätten «keine guten Optionen» mehr. «Das ist aber weniger eine Beschreibung der Realität als eine Klage über den Verlust ihres ‘Gottes’, der Autonomie. Wenn der Mensch nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen, hat er im humanistischen Glaubenssystem keinen Wert mehr.»

Illusion der Kontrolle

In dieser ausweglosen Situation bleibe nur eine letzte Option, bilanziert Matthew Roberts: «Den Tod selbst zu einer bewussten Entscheidung zu machen. So wie König Saul in der Bibel auf sein eigenes Schwert fiel, um der Schande einer Niederlage zu entgehen, versucht der Humanist, der unausweichlichen Niederlage durch den Tod zuvorzukommen, indem er ihn selbst herbeiführt.»

Diese Entscheidung, den Zeitpunkt des Todes selbst zu wählen, wird zu einem letzten Akt des Widerstands – eine Illusion der Kontrolle bis zum bitteren Ende. «Selbst im Angesicht der eigenen Ohnmacht versucht der Mensch, das Glaubensbekenntnis der Autonomie aufrechtzuerhalten: ‘Ich bin der Herr meines Schicksals. Ich bin der Kapitän meiner Seele.’»

Eine Religion der Selbstbestimmung

Deshalb sei der assistierte Suizid für manche Humanisten ein Glaubensbekenntnis, erklärt Matthew Roberts. «Es geht um mehr als individuelle Freiheit – es geht um die Verteidigung ihrer gesamten Weltanschauung.»

Dabei gehe es nicht darum, «dass Christen oder andere Gläubige dies aus dogmatischen Gründen ablehnen. Sie lehnen es ab, weil sie die humanistische Annahme nicht teilen, dass der Wert des Lebens allein durch autonome Entscheidungen definiert wird. Warum sollte man sich eine Weltanschauung zu eigen machen, die das Leben so düster und reduziert sieht, dass der Tod eine bessere Option ist als ein Leben ohne Autonomie?»

Ebenbild Gottes

Christen erkennen das Leben als Gabe Gottes an, nicht als Projekt individueller Selbsterschaffung. Matthew Roberts: «Ein Leben, das von seiner Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende wertvoll ist, weil es den Abdruck eines göttlichen Ebenbildes trägt.»

Wenn wir uns dem Ende des Lebens nähern, werde der Sinn dieses Lebens nicht leer, sondern erscheine in einem neuen Licht. «Der wahre Sinn des Lebens wird sichtbar: Es ist nicht das Ergebnis unserer eigenen Anstrengungen, sondern ein Geschenk, das in eine ewige Hoffnung eingebettet ist.»

Mit Blick auf die Legalität kommt Matthew Roberts daher zu dem Schluss: «Die Frage des assistierten Suizids ist also nicht, ob das Parlament aus religiösen Gründen Nein sagen sollte. Sondern ob es aus einem einzigen religiösen Grund ‘ja’ sagen sollte – dem Glauben an eine destruktive, selbstzentrierte Autonomie.»

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Autor: Matthew Roberts / Daniel Gerber
Quelle: Christian Today / gekürzte Übersetzung: Livenet

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