«Nach dem 2. Beben zweifelte ich an Gottes Gegenwart»
Am 6. Februar jährte sich das schwere Erdbeben, das in der Türkei und Syrien im vergangenen Jahr über 57'000 Menschen das Leben kostete und über 120'000 verletzte. Gerade für das kriegsgebeutelte Syrien war diese Katastrophe ein schwerer Schlag. Weder die Explosionen im Krieg, noch die Sanktionen und Drohungen islamischer Extremisten seien vergleichbar mit der Nacht des Bebens, empfinden viele. «Es war eine schreckliche Nacht. In den 13 Jahren Krieg haben wir nichts erlebt, was dem Horror ähnelt, den wir in diesen 1,5 Minuten fühlten», erinnert sich Maria.
Sie lebt mit ihrem Mann Samih in Aleppo und hatte kurz vor dem Beben per Kaiserschnitt ihren Sohn Ralph zur Welt gebracht – über die Treppen ins Freie zu fliehen, war dadurch noch viel schwieriger und schmerzhafter. «In den ersten Momenten nach dem Erdbeben spürte ich, dass Jesus bei mir war – er gab mir Kraft», berichtet Maria. «Aber nach dem zweiten Beben an dem Tag begann ich zu zweifeln. Warum verhinderte Gott das nicht?»
Gott sorgt vor
Zeiten der Unsicherheit folgten. Doch heute sind Marias Zweifel verflogen – sie sieht sogar, wie Gott aus dem Schrecklichen Gutes entstehen liess. Ihr Lieblingsvers steht in Römer Kapitel 8, Vers 28: «Das eine aber wissen wir: Wer Gott liebt, dem dient alles, was geschieht, zum Guten. Dies gilt für alle, die Gott nach seinem Plan und Willen zum neuen Leben erwählt hat.»
Genau dies habe sie und ihre Familie erleben dürfen. «Vor dem Erdbeben waren wir von Sorgen bedrückt.» Sie hatte gerade den unbezahlten Mutterschaftsurlaub begonnen, ihr Mann Samih war arbeitslos und sie lebten am Existenzminimum. «Wir fragten uns: 'Wer wird für unsere Krankenhausausgaben zahlen? Wie können wir uns die Windeln leisten? Wir werden wir überleben?' Aber die sechs Monate nach dem Erdbeben mussten wir nichts für Ralphs Windeln bezahlen.» Durch die vielen Hilfssendungen aus aller Welt waren sie versorgt.
Heilung für innere Wunden
Über Monate hinweg kamen über 7'000 Bewohner Aleppos in Kirchen und Klostern unter. Hinterher halfen Organisationen wie Open Doors ihnen dabei, die zerstörten Häuser wieder aufzubauen und dorthin zurückzukehren. In Aleppo wurden insgesamt 1'540 Häuser repariert, in Latakia weitere 464 Häuser.
Doch die Menschen in Syrien und auch in der Türkei brauchen weiterhin Gebet. Viele der Betroffenen sind traumatisiert und haben Angst davor, dass etwas Ähnliches wieder geschehen könnte. «Körperlich sind wir okay, aber psychisch haben wir Wunden…», sagt etwa Rihab aus Syrien. Da so viele Menschen und insbesondere Christen aus dem Land geflohen sind, ist auch die Kirche gefährdet. Umso wichtiger ist es, für die dort Gebliebenen zu beten und sie wo möglich zu unterstützen.
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