Krippenspiel im Einkaufsrummel

Die drei Könige waren auch Teil der Reise - sogar mit echtem Kamel!
Schreckensherrschaft im Kanton St. Gallen? Grimmige römische Soldaten ziehen ihre Runden, bereit, das unerbittliche Gesetz durchzusetzen. So geschehen am letzten Sonntag (10. Dezember) – und nun scheint Wil (17. Dezember) ebenfalls vor der Einnahme.

Am vergangenen Sonntag gab es in St. Gallen während des Sonntagsverkaufs ein Schauspiel zu bestaunen: An drei Standorten in der St. Galler Innenstadt wurde mit Dutzenden freiwillig Engagierten und verschiedenen Tieren die Weihnachtsgeschichte nachgespielt.

Die sechste Durchführung der St. Galler Weihnachtsreise war ein voller Erfolg – dank zahlreicher Zuschauerinnen und Zuschauer und des stabilen Wetters. Einige Leute waren fürs Weihnachtsshopping in der Altstadt unterwegs, andere aber kamen, um das Freilichtspiel der St. Galler Weihnachtsgeschichte zu erleben. Zu bestaunen gab es stampfende Soldaten, kauende Kamele und einen herrischen Herodes.

Und nicht zuletzt eine Krippe vor dem Christbaum auf dem Klosterplatz, wo ein Pärchen als Maria und Josef samt Säugling als Jesuskind anzutreffen waren. Auf dem Grünigerplatz rasteten Hirten, die mit Schafen und einem Esel die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zogen. In der Marktgasse erschallte ein erzürnter König Herodes aus den Boxen. Römischen Soldaten erteilte er den Befehl zum Kindermord von Bethlehem. So wurde an drei Schauplätzen die Weihnachtsgeschichte, wie sie in der Bibel steht, inszeniert. Das Freilichtspiel wurde von den drei Landeskirchen und der evangelischen Allianz organisiert.

Konzentration auf Weihnachtsgeschichte

«Im Jahr 2015 ging Markus D'Alessandro auf verschiedene Kirchen zu und man begann zu überlegen, wie man einen solchen Anlass als breite Ökumene gestalten kann, mit den Christkatholiken, den Reformierten, den Katholiken und den Freikirchen, die mitmachen wollten», gibt Roman Rieger (Ressort Inszenierung) einen Einblick in die Geschichte der St. Galler Weihnachtsreise.

Die erste Weihnachtsreise wurde 2017 durchgeführt. 2020 sorgte Corona für einen Totalausfall, 2021 folgte eine abgespeckte Version und seit 2022 ist die Weihnachtsreise in St. Gallen nun wieder im vollen Umfang zu sehen. «Wir konzentrierten uns gemeinsam auf die biblische Weihnachtsgeschichte, so wie sie im Lukas- und dem Matthäusevangelium beschrieben ist.»

«Am Anfang waren wir sehr zurückhaltend und wir versuchten, nur Dialoge aus der Bibel zu sprechen», sagt Roman Rieger. An der Krippe ging es deshalb nur pantomimisch zu und her. Die Hirten und Sterndeuter sagen in Bibel wenig. Doch für die Laiendarsteller war es fast schwieriger, dies pantomimisch aufzuführen. «Deshalb haben wir dem nun mehr Raum gegeben und Dialoge eingefügt.»

Am 17. Dezember in Wil

Durch St. Gallen inspiriert, sind zwei weitere Ableger entstanden. Der eine findet sich in Wil (SG). Dort wurde er 2022 zum ersten Mal – und mit grossem Erfolg – durchgeführt. Nun folgt am Sonntag, 17. Dezember von 13 bis 16 Uhr die zweite Ausgabe.

Roman Rieger: «Es ist auch ein Verdienst von Ernst Knupp, er ist Aktuar des Vereins und zuständig für Personalrekrutierung bei der Weihnachtsreise St. Gallen. Er schaut, dass wir an den anderen Orten jeweils zuschauen gehen und man ist miteinander verbunden.»

Entstanden ist die Idee einst im Kanton Solothurn. «Und nun gibt es weitere Ableger, die durch St. Gallen inspiriert worden sind. Im vergangenen Jahr kamen Besucher aus Deutschland zu uns, sie führen es nun in diesem Jahr ein erstes Mal durch. Dies in der Ortschaft Hille, in der Nähe von Hannover, sie waren rund acht Stunden angereist», erinnert sich Roman Rieger.

Tiere als heimliche Helden

Zurück zur Aufführung in der Stadt St. Gallen: An diesem Weihnachtsspektakel standen über 100 freiwillig Engagierte im Einsatz. Neben den drei Schauplätzen gab es auch zwei Infostände, wo Helferinnen und Helfer, sogenannte Skriptoren, spielerisch Steuern einzogen. Für manche im Publikum war es ein lustiger Zufall, dass ausgerechnet Stadtpräsidentin Maria Pappa als steuereintreibende Skriptorin fungierte.

Die heimlichen Helden waren aber die Tiere. Schon von weit her wurden sie von neugierigen Kindern erkannt: «Ich habe noch nie ein echtes Kamel gesehen», gestand ein kleines Mädchen zu Beginn der Veranstaltung. Doch auch älteres Publikum kam ob des grossen Aufwands an den Schauplätzen ins Staunen. Beim Einzug zu Beginn des Freilichtspiels kam ein bisschen Olma-Umzug-Feeling auf. Nicht nur wegen der Tiere oder der Verkleidungen der Darstellerinnen und Darstellern, sondern auch wegen des grossen Publikums. So gibt sich Projektleiter Henry Brunschweiler mit der diesjährigen Austragung mehr als zufrieden: «Das Wetter war gut, und es kamen sehr viele Besucherinnen und Besucher – das könnte ein Rekord sein.» Nächstes Jahr werde dieser Anlass erneut durchgeführt. Dann bereits zum siebten Mal in St. Gallen.

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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Weihnachtsreise St. Gallen

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