Pakistan will Flüchtlinge wieder nach Afghanistan abschieben
Pakistan beherbergt seit der sowjetischen Invasion in Afghanistan im Jahr 1979 rund 4 Millionen Flüchtlinge aus Afghanistan – Christen, sunnitische Muslime, schiitische Hazara-Muslime, Tadschiken, Usbeken und Araber. Allein seit der Machtergreifung der Taliban sind 250`000 Menschen aus Afghanistan nach Pakistan geflohen. 1,4 der 4 Millionen Flüchtlinge haben keine Papiere, und die Beschaffung von Papieren ist alles andere als einfach, selbst für diejenigen, die schon lange im Land leben. Pakistan will Flüchtlinge ohne Papiere nun wieder nach Afghanistan deportieren.
Kein Plan für die Flüchtlinge
«Hunderttausende Afghanen, die nach August 2021 nach Pakistan kamen, sollten nur vorübergehend dort bleiben. Pakistan hat nie einen langfristigen Plan oder eine Politik für seine afghanischen Migranten gehabt, und dass sie solche Erklärungen alle paar Jahre abgeben, zeigt nur die fehlerhafte Art und Weise, wie es mit ihnen umgegangen ist», erklärte Madiha Afzal, aussenpolitische Mitarbeiterin an der Brookings Institution, gegenüber dem Time Magazine.
Dies gilt insbesondere jetzt, da sich Pakistan an einem «historischen Tiefpunkt» befindet, so Hameed Hakimi, Associate Fellow im Asien-Pazifik-Programm und im Europa-Programm von Chatham House. Pakistan sieht sich derzeit mit einer Reihe von Krisen konfrontiert – eine schlechte Wirtschaft, humanitäre Krisen und politische Instabilität, ganz zu schweigen von der jüngsten Terrorismuswelle, die fälschlicherweise den Flüchtlingen zugeschrieben wird. «Um von den Herausforderungen abzulenken, mit denen die Regierung oder das Land insgesamt konfrontiert ist, wird immer wieder das Problem der illegalen Einwanderer, vor allem aus Afghanistan, ins Feld geführt», sagt Hakimi und merkt an, dass dieses Spiel mit der Schuld dazu dient, «zu zeigen, dass das Problem des Landes grösstenteils von den Nachbarländern ausgeht, anstatt sich intern auf die Politik der eigenen Regierung zu konzentrieren», so Hakimi. Der Staat müsse zeigen, dass er etwas unternimmt – und die Flüchtlinge seien ein natürliches Ziel, um Aktivität zu demonstrieren.
Vom Regen in die Traufe
Nach Auskunft der Leiterin der Region Asien von Christian Aid, Ramani Leathard, hat sich das Leben in Afghanistan aufgrund von Konflikten, Gewalt und tief verwurzelter Armut erheblich verschlechtert. Die Aussicht auf einen strengen Winter verschlimmere die Lage im Land nur noch. «Die erzwungene Rückkehr von ohnehin schon extrem gefährdeten Afghanen, die nach der Machtübernahme durch die Taliban aus dem Land geflohen sind, zurück in ein Land, das bereits mit Hunger und Dürre zu kämpfen hat, ist äusserst besorgniserregend», so Leathard. Die Wirtschaft Afghanistans sei zu schwach, um einen grossen Zustrom von Flüchtlingen zu bewältigen; durch ein Erdbeben Anfang des Monats sowie durch Kürzungen der internationalen Hilfsbudgets habe sich die Lage noch verschlimmert.
Lebensgefahr besonders für Christen
Ravina Shamdasani, Sprecherin des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, sagte: «Wir sind sehr besorgt, dass denjenigen, die abgeschoben werden, eine ganze Reihe von Menschenrechtsverletzungen drohen, darunter Folter, willkürliche Verhaftung und Inhaftierung, schwere Diskriminierung und fehlender Zugang zu grundlegenden wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen.»
Unter den Flüchtlingen, die abgeschoben werden sollen, befinden sich über 200 Familien, die zum christlichen Glauben gefunden haben. Einige dieser Familien sind in Afghanistan als Christen bekannt und eine Rücksendung könnte ihren Tod bedeuten.
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