«Viele Kinder blühen richtiggehend auf»
. Gegenüber Livenet gibt Gallus Tannheimer, neuer Leiter von COM, einen Einblick in die Arbeit
der Ostmission.Gallus Tannheimer, Sie haben die Leitung der Christlichen Ostmission
(COM) übernommen, was ändert sich, was bleibt gleich?
Gallus Tannheimer: Abgesehen davon, dass erstmals ein
Ostschweizer die Ostmission leitet, ändert sich wenig: Wir sind gut aufgestellt
und haben wirkungsvolle Projekte in diversen Regionen. Das will ich
beibehalten. Zudem ist die Ostmission viel mehr als ihre Leitung: In Worb haben
wir ein motiviertes Team und dazu bestens qualifizierte Mitarbeitende und
Partner in den Projektländern. Wenn sich Dinge ändern, dann vor allem dadurch,
dass irgendwo Türen aufgehen, so wie im Moment in Zentralasien.
Welches sind die aktuellen Schwerpunkte der COM?
Hilfe leisten, wo
Not herrscht – schützen, wo Gefahr droht – aufbauen, damit Menschen der Armut
und Ausbeutung entkommen. Hilfe leisten wir vor allem an Notleidende in
Osteuropa, denn in den meisten dieser Länder sind die wirtschaftlichen Zustände
katastrophal und viele kämpfen ums nackte Überleben. Beim Thema «schützen»
engagieren wir uns im Kampf gegen den Menschenhandel und zwar in den
Herkunftsländern der Opfer und hier bei uns, indem wir die Öffentlichkeit für
dieses Thema sensibilisieren. Aufbauend wirken wir, indem wir Menschen
befähigen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, zum Beispiel mit
Familienbetrieben.
Sie können in verschiedenen Ländern und Erdteilen einen
Unterschied machen. Würden Sie ein, zwei Lebensgeschichten kurz
schildern?
Dhil Bahadur aus
Nepal ist ein Beispiel. Er sollte eigentlich Schamane werden. Dann erlebte er
mit, wie sein schwerkranker Onkel durch Gebete von Christen geheilt wurde. Tief
beeindruckt wandte er sich Gott zu. Heute ist er Pastor einer wachsenden
Gemeinde, seinen Lebensunterhalt bestreitet er als Kleinunternehmer und
gleichzeitig leitet er andere an, eine eigene Firma zu gründen und zu
betreiben.
Oder ich denke an die neunjährige Olga, die sagt, im Sommerlager, das wir unterstützen, sei sie erstmals im Leben glücklich gewesen. Es habe ihr Leben verändert, weil sie Liebe erlebt hat. Bei ihren eigenen Eltern hatte sie nur Desinteresse gespürt.
Unter anderem läuft das Projekt «Wir Kinder von Moldawien»,
was geschieht bei diesem Projekt?
In Moldawien gibt
es unzählige Sozialwaisen. Es sind Kinder, die aus verschiedensten Gründen mehr
oder weniger sich selbst überlassen sind und verwahrlosen. Wir ermutigen
christliche Gemeinden, sich um solche Kinder zu kümmern, und unterstützen sie
dabei. Die Gemeinden betreiben Tageszentren, wo die Kinder nach der Schule
hinkommen und essen können sowie Erwachsene vorfinden, die für sie da sind,
ihnen helfen bei den Hausaufgaben und vielem mehr. Indem sie Kontakt zu den
Angehörigen der Kinder knüpfen, versuchen die Verantwortlichen der
Tageszentren, auch die Situation der Kinder in ihrem Zuhause zu verbessern. Die
Menschen, die sich in den Tageszentren engagieren, tun dies freiwillig und ohne
Entschädigung. Das ist beeindruckend, wenn man bedenkt, wie arm sie selbst
sind.
Was konnte mit diesem Projekt bisher erreicht werden?
Viele Kinder
blühen richtiggehend auf, ihre schulischen Leistungen verbessern sich. Dank der
mittlerweile 91 Tageszentren, verteilt in ganz Moldawien, bekommen sie eine echte
Chance, dereinst ein Leben in Würde zu führen. Auch die beteiligten Gemeinden
verändern sich: Dass sie in der Gesellschaft etwas bewirken und ihr Land
positiv prägen können, ist für sie eine neue, Mut machende Erkenntnis – und
eine grosse Chance. Wir als COM wollen helfen, Moldawien positiv zu
verändern. Und wir wollen eine Bewegung auslösen, die zum Segen des ganzen
Landes wirkt.
Was berührt Sie bei Ihrer Arbeit besonders?
Dass wir Menschen
in Not wirkungsvoll und nachhaltig helfen und Hoffnung weitergeben können.
Welche neuen Projekte stehen derzeit bei der COM an?
Im Moment rückt
Zentralasien in unser Blickfeld. Christen aus diesen Ländern haben an der
Christlichen Universität in Chisinau, mit der wir eng zusammenarbeiten,
studiert. Gut ausgebildet und voller Tatendrang arbeiten sie nun in ihren
Heimatländern. Wir sehen viele offene Türen und Möglichkeiten, mit solchen
Christen zusammen anzupacken. Das Potenzial für neue Projekte ist gross und
faszinierend. Zur Zeit prüfen wir, wo und wie genau wir uns engagieren werden.
Steckbrief Gallus Tannheimer
Alter:
51
Herkunft:
geboren und aufgewachsen in Appenzell
Familiensituation: verheiratet mit Ruth, drei Söhne
(Lukas, Benjamin und David, im Alter von 17, 16 und 13 Jahren)
Beruflicher Werdegang: Studium Maschinenbau in München,
Ausbildung am Theologischen Seminar St. Chrischona (1993-1997), von 1997 bis
2007 Pastor in verschiedenen Freie Evangelischen Gemeinden in der Schweiz, von
2007 bis 2018 Pastor in der Kirche um Quartier (KiQ) in Bern West, Weiterbildung an
der Akademie für christliche Führungskräfte (acf)
Hobbys: Lesen,
Wandern, Fotografie
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Christliche Ostmission
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Datum: 18.09.2019
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet