«Der Blick in den Spiegel war ein Schock»

Marc und Naïma Studer
Die Vorfreude aufs Hochzeitsfest im Sommer 2014 war bei Marc und Naïma Studer aus Biel getrübt. Der damals 27-Jährige hatte sämtliche Haare verloren – innert weniger Monate. Es war nicht klar, wie die Sache enden würde.

Als er eines Morgens im Badezimmer seiner Männer-WG ein Büschel Haare in den Händen hält, denkt sich Marc Studer aus Biel noch nichts dabei. Doch dann fallen immer mehr Haare aus seinem dichten, dunklen Wuschelkopf. Nach einigen Wochen sucht er einen Hautarzt auf. Dieser verschreibt ihm eine Kortisonsalbe. Da Marc diese schon oft gegen seine Ekzeme angewendet hatte, glaubt er, die Sache schnell in den Griff zu bekommen. Zwar scheint das Kortison anfänglich zu wirken – doch dann folgt erneut starker Haarausfall.

Die Radika(h)lkur

Eine Zeitlang versucht er, die kahlen Stellen zu verbergen. Als das kaum mehr möglich ist und er sich immer mehr geniert, rasiert er sich kahl. «Der Blick in den Spiegel war ein Schock!», hält Marc fest. Er ist sich selbst fremd, erschrickt über ungekannte Makel. Was wird Naïma, seine Verlobte, sagen? Die beiden stehen wenige Wochen vor ihrem Hochzeitsfest.

«Wenn dein Verlobter kurz vor der Hochzeit eine derartige Veränderung durchmacht, ist dasschon heftig.»

Sie steht zu ihm

Tatsächlich fühlt sich Naïma, die als Pflegefachfrau in einer Kinderklinik arbeitet, herausgefordert. «Es war auch für sie ganz und gar nicht einfach», blickt Marc zurück. «Wenn dein Verlobter kurz vor der Hochzeit eine derartige Veränderung durchmacht, ist das schon heftig.» Dass sich Naïma mit Entschiedenheit zu ihm stellte und ihm unabhängig von seiner äusseren Erscheinung das Ja-Wort gab, berührt Marc bis heute. Dennoch: «Ich glaubte und hoffte bis zum Tag der Hochzeit, dass ein Wunder passieren und Marc gesund und mit Haaren zur Hochzeit kommen würde», erklärt Naïma. Über ihr Eheversprechen sagt sie heute: «Als ich sagte, dass ich in guten und in schlechten Zeiten zu Marc stehe, meinte ich das genauso.» Zu diesem Zeitpunkt ahnen die beiden nicht, dass das Schlimmste noch bevorsteht.

Die Fehldiagnose

Inzwischen hat Marc Studer am gesamten Körper sämtliche Haare verloren. Der Juckreiz entwickelt sich zum Dauerschmerz, was seine Psyche arg strapaziert. Der Hautarzt hatte fälschlicherweise eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert. Erst nach Untersuchung mehrerer Hautärzte mit ausbleibendem Erfolg erkennt Dr. Riedl, eine Ärztin aus Zürich, die Fehldiagnose. Die Ärztin, welche Schulmedizin und Naturheilkunde kombiniert, stellt den Mangel des Entgiftungsgens GSTM1 fest. Eine entsprechende Behandlung bringt die ersehnte Besserung. Das Prozedere ist heftig, dauert mehrere Monate. Dies bedeutet wiederholte Fahrten von Biel nach Zürich, Darmaufbau, Entgiftung, Umstellung der Ernährung und vieles mehr. Marc arbeitet damals als Fachperson für Radiologie im Spital in Biel. Dank seiner Ausbildung fällt es ihm weniger schwer, sich selbst Infusionen zu legen. Doch die Tage sind mühsam und zermürbend.

Langsam Licht am Horizont

Dann geht es auf einmal in kleinen Schritten aufwärts. Die Schmerzen, vor allem der schier unerträgliche Juckreiz, lassen nach. Marc kann nachts zunehmend mehrere Stunden am Stück schlafen. Auch psychisch geht es ihm trotz einiger Rückschläge immer besser. Bis heute leidet Marc unter seiner Krankheit. Selbst in guten Zeiten schläft er nicht durch und muss sich mehrmals täglich von Kopf bis Fuss einsalben. «Für mich sind solche Zustände normal. Wenn ich Spor treiben kann und Zeit für mich selbst habe, wenn ich mit Naïma und Freunden etwas unternehmen kann, dann geht es mir gut», sagt der kreative Mann, der sein Flair für Ästhetik und Natur heute als Filmemacher auslebt.

«Durch den Glauben lernte ich zu vergeben und besser mit Menschen umzugehen.»

Marc Studer

Der Glaube hilft!

Marc wuchs in einer Freikirche auf, der Glaube an Jesus ist ihm von Kindheit an wichtig. Ein Leben ohne Gott kann er sich nicht vorstellen. Er sagt dazu: «Durch den Glauben lernte ich zu vergeben und besser mit Menschen umzugehen. Auch in Bezug auf Schönheit und Kreativität finde ich Inspiration bei Gott.» Marc ist ein Mensch, der hinsieht. Er liebt es, an sich und seinem Charakter zu arbeiten, liest dazu viel in der Bibel. «Da finde ich so vieles, das ich auf mein Leben übertragen kann.» Sein Glaube hat Marc auch durch die Krankheitszeit begleitet: «Jeden Morgen habe ich mit Gott ausgetauscht und neue Hoffnung geschöpft. Auch Predigten, Musik und Gespräche waren für mich immer wichtige Zugänge
zu Gott.» Gerade die Tatsache, dass Jesus für ihn unter grössten Schmerzen gestorben sei und damit alle Krankheiten überwunden habe, gebe ihm reale Hoffnung auf ein schmerzfreies Leben. Zu erfahren, wie Gott ihm jeden Tag die nötige Kraft schenke, das stärke seinen Glauben zusätzlich.

Highlight Coiffeur-Besuch

Nachdem Marc seine Haare verloren hatte, war er auf der Strasse oft nicht mehrerkannt worden. So hatte er irgendwanndarauf verzichtet, ihm bekannte Menschen zu grüssen. Inzwischen sind seine Haare – abgesehen von den Wimpern und Augenbrauen – wieder nachgewachsen und viele Leute erkennen und grüssen ihn. Daranmusste sich Marc erst wieder gewöhnen. In seiner nachwachsenden Haarpracht sehe er auch sein altes Leben zurückkehren. «Als ich wieder zum Coiffeur gehen durfte, war das für mich ein Meilenstein», sagt Marc. «Wenn ich heute Haare verliere, kann mich das stressen. In diesen Momenten ermutigt und motiviert mich meine Frau. Dafür bin ich sehr dankbar.» In zahlreichen weiteren Bereichen ist Naïma für Marc eine grosse Stütze. «Es beeindruckt mich seit Beginn, wie gut sie mit der Situation umgehen kann. Das ist nicht selbstverständlich!»

Auch seine Familie habe ihn während der Krankheitszeit stets unterstützt und in seinem Freundeskreis fühle er sich gut eingebettet. «Mein Leben ist meistens erträglich und mein Gesundheitszustand verbessert sich stetig», schlussfolgert Marc und fügt an: «All dies sehe ich als ein Geschenk aus Gottes Hand.»

«Als ich wieder zum Coiffeur gehen durfte, war das für mich ein Meilenstein»

Zur Person

Einer meiner absoluten Lieblingsplätze in Biel:
Ein lauschiges Plätzchen am Bielersee

Meine Lieblingsbeschäftigung an verregneten (Sonntag-)nachmittagen:
Filme schauen mit Freunden, dabei darf Popcorn nicht fehlen!

Meine Lieblingsmusik:
Von Muse, über Sia zu NF

Auf diese App möchte ich auf keinen Fall verzichten:
Notizen

Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Hope-Zeitungen