Sohn starb mit 18 beim Aare-Surfen

Herbert Geiser
Herbert Geiser hat im letzten Jahr seinen 18-jährigen Sohn durch einen Surfunfall auf der Aare verloren. Im Interview erzählt der Pastor offen, was dieser Schicksalsschlag in ihm, seiner Ehe und seinem Glauben ausgelöst hat.

Herbert Geiser ist Gemeinderat, Pastor und Vater von vier Kindern. Am 29. August 2020 erhielt er unterwegs die Nachricht, dass sein 18-jähriger Sohn Nick beim Surfen in der Aare verunglückt sei. Nick wurde kilometerweit flussabwärts bei Münsingen geborgen und konnte trotz aller Bemühungen nicht wieder zum Leben gebracht werden.

In einem Video-Interview mit «Hope»- Chefredaktor Florian Wüthrich sprach Herbert Geiser an Ostern 2021 offen und sehr ehrlich darüber, wie er bis heute mit dem grausamen Tod seines Sohnes umgeht. (Link zum Video am Ende dieses Artikels).

«Es gibt kein Wort für Eltern, die ein Kind verlieren»

«Wenn man einen Ehepartner verliert, ist man Witwe/r, wenn man die Eltern verliert, Waise. Aber für Eltern, die ein Kind verlieren, gibt es keine Bezeichnung», so leitet Wüthrich das Gespräch ein. Herbert Geiser ist gefasst, aber man merkt ihm den Schmerz an. Rückblickend sagt er: «Nick hatte ein gutes Herz und setzte sich gegen Ungerechtigkeit ein. Er hatte einen verschmitzten Humor und lachte viel in unserer Familie. Wir sind unglaublich stolz auf unseren Sohn.»

Herbert Geiser schildert den Tag des Unfalls und das dramatische Auf und Ab der Gefühle: «Meine Frau und ich konnten unseren Sohn nochmals sehen und streicheln, das tat uns gut und war sehr wertvoll.» Nach der ersten Woche voll von hektischen Aktivitäten bis zur Trauerfeier folge eine lange Phase dessen, was man im allgemeinen «Verarbeitung» nenne. «Heute wache ich nicht mehr jeden Morgen mit dem Gefühl der unabänderlichen Situation auf», erklärt Herbert Geiser. «Wenn du dein Kind verlierst – was passiert mit deiner Liebe? Sie wird eher noch stärker, aber sie findet ihr Gegenüber nicht mehr. Dieser Schmerz bleibt.»

«Wenn du dein Kind verlierst – was passiert mit deiner Liebe? Sie wird eher noch stärker, aber sie findet ihr Gegenüber nicht mehr. Dieser Schmerz bleibt.»

Belastung, aber kein Schaden für die Ehe

Der Tod eines Kindes kann eine Belastung für die Ehe sein; etliche Beziehungen überleben einen solchen Verlust nicht. «Unsere Ehe hat diesbezüglich keinen Schaden genommen. Es hat uns eher stärker zueinander gebracht», bekennt Herbert Geiser. «Aber es ist eine Herausforderung, weil jeder wieder anders trauert. Ich trauere tränenreicher, kann auch darüber reden, was geschehen ist. Meine Frau trauert eher in der Stille und zieht sich zurück. Das Gute ist, dass wir immer zusammen reden konnten – das ist sehr wichtig.»

Herbert Geiser

Das Engagement geht weiter

Herbert Geiser hat sich als Gemeinderat in Heimberg wieder wählen lassen – bewusst, wie er sagt: «Das war für mich ein Stück Normalisierung des Lebens.» Er ist dankbar, sieht sich durch ein gutes Wahlergebnis in seiner Entscheidung bestätigt. Seine Arbeit als Pastor war in der Trauerphase hingegen nicht so einfach. «Da muss man vor Menschen stehen, sein Herz offenlegen, du musst dich auf die Schicksale anderer Menschen einlassen, das ist anspruchsvoller.» Aber auch hier bleibt Geiser ehrlich: «Ich stehe auch in der Gemeinde dafür ein, dass der christliche Glaube nicht einfach eine Versicherung ist, dass Schweres nicht geschieht. Es ist eine Riesenchance, dass ich es der Gemeinde quasi ‹vorleben› kann: Gott bewahrt uns nicht einfach vor Schicksalsschlägen, er lässt Schweres zu. Aber er trägt uns hindurch. Und die Gemeinschaft von Christen ist hier eine grosse Hilfe.»

«Ich trauere eher tränenreicher, kann auch darüber reden, was geschehen ist. Meine Frau trauert eher in der Stille .»

Was einen wirklich tröstet

Man könnte es verstehen, wenn Menschen in einem solchen Schmerz auf Distanz zur Bibel gehen. Geiser hat es anders erlebt. Er sei immer wieder auf Texte gestossen, die klar und überraschend zu ihm gesprochen hätten; so etwa bei Nicks Taufspruch – sein Sohn hatte sich eine Woche vor seinem Tod taufen lassen – oder auch beim täglichen Lesen in der Bibel. Er hätte erlebt, wie ihm wertvolle Worte und Passagen begegneten, die ihm bislang nicht bewusst oder bekannt gewesen seien. Oft hätten diese von Sterben und Gewinn gehandelt.

Hoff-Nick

Das Osterfest 2021 habe Familie Geiser wieder bewusst als grosse Familien-Gemeinschaft gefeiert: «Wir denken an Nick, behalten ihn im Herzen, lachen manchmal auch über ihn – es war ein Riesen-Privileg, ihn 18 Jahre bei uns zu haben.» Auch der erste Todestag, Ende August 2021, sei unter Anwesenheit zahlreicher Weggefährten von Nick mit einem Gedenkanlass gewürdigt worden.

«Es war ein Riesen- Privileg, Nick 18 Jahre bei uns zu haben.»

Pastor Simon Kaldewey von der FEG Steffisburg habe in der Abdankungspredigt vom «Hoff-Nick» gesprochen, berichtet Herbert Geiser am Schluss des Interviews: «Das ist genial. Wir werden ihn wiedersehen!» Diese Hoffnung trägt den 53-jährigen Berner. Und er bekennt: «Ich habe Gott schon oft um das Privileg gebeten, dass mein Sohn mich mal abholen kommt, wenn ich selbst an dieser Schwelle stehe. Auf alle Fälle hat mein eigenes Sterben an Schärfe verloren».

An Ostern 2021 war Herbert Geiser zu Gast im Livenet-Talk. Im Gespräch mit «Hope»- Chefredaktor Florian Wüthrich erzählt er offen und sehr ehrlich darüber, wie er bis heute mit dem Tod seines Sohnes umgeht.

Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Hope-Zeitungen