Der Donnerstag der Grünen?

Am Donnerstag vor Ostern feierte Jesus mit seinen Jüngern das Abendmahl.
Der heutige Donnerstag ist der Tag, bevor die Leidensgeschichte Jesu in ihre letzte Phase geht. Warum ist er aber grün? Und was hat er mit uns zu tun?

Nein, es ist keine politische Stellungnahme und er ist nicht der Tag einer bestimmten Partei, dieser «Gründonnerstag». Eigentlich weiss man auch nicht genau, woher der – vor allem in Mitteleuropa gebräuchliche – Ausdruck kommt. Es gibt verschiedene Theorien dazu:

  • Eventuell leitet sich der Name Gründonnerstag vom mittelhochdeutschen Wort «grînen» ab, was soviel wie Greinen oder Weinen bedeutet (vgl. Berndeutsch «grännen»). Am Tag vor Karfreitag feierte Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl, am Abend wurde er dann von Judas Iskariot verraten. Deshalb wurde an diesem Tag viel geweint, nimmt man an.
     
  • Dann gibt es die Theorie, dass der Name Gründonnerstag auf den seit dem 14. Jahrhundert belegten Brauch zurückgeht, im Einklang mit den allgemeinen Fastenvorschriften an diesem Tag grünes Gemüse und grüne Frühlingskräuter zu essen. Auch heute noch ist Spinat ein typisches Gemüse, das in vielen katholischen Familien am Gründonnerstag vor Ostern auf den Tisch kommt.
     
  • Eine dritte Erklärung schliesslich geht auf das lateinische Wort «virides» zurück, was übersetzt «die Grünen» heisst. So wurden im Mittelalter die Büsser genannt, die nach ihrer Busse der Fastenzeit am Tag vor Karfreitag wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen wurden. Durch die Busse wurden sie wieder lebendiges, «grünes Holz» der Kirche. Die liturgische Farbe Grün steht für «frisch, erneuert und sündenlos».

    Vielleicht steht diese Deutung in Zusammenhang mit dem etwas rätselhaften Spruch von Jesus im Lukas-Evangelium, Kapitel 23, Vers 31: «Wenn das mit dem grünen Holz geschieht, wie wird es dann mit dem dürren werden.» Jesus sieht sich selbst hier als «grünes Holz», dem nun Schlimmes widerfährt. Wie viel mehr wird das mit dem «dürren Holz» einer toten Religion geschehen! Angesichts von dem, was mit Jesus geschieht, endet alle Banalisierung des Bösen – und es wird zu unserem persönlichen Problem. «Weint nicht über mich, sondern weint über euch», sagt Jesus zu den weinenden Frauen.

Liebe, Hingabe und Verrat

Am Gründonnerstag wurden keine Eier für Ostern bemalt; er ist ein Tag voller Dramatik. Jesus feiert mit seinen Jüngern das Passahmahl und setzt für alle Zeiten ein «Denk-Mahl»: Brot und Wein drücken aus, dass er seinen Körper zerbrechen und sein Blut fliessen lässt, damit menschliche Schuld aller Zeiten gesühnt ist. Dann wäscht er seinen Freunden die Füsse und setzt damit einen definitiven Standard für seine Kirche: «nicht herrschen, sondern dienen.» Schliesslich: Jesus löst den Verrat des Judas aus, indem er mit ihm zusammen das Brot eintaucht. «Was du tust, das tue bald», sagt er zum Verräter und bleibt auch in diesem Punkt aktiv handelnder Erlöser.

Egal, ob Sie heute grünes Gemüse essen und egal, zu welcher Partei Sie gehören: Am Gründonnerstag wurden für uns alle Weichen gestellt. Nicht wir erlösen die Welt, sondern er, der Hauptakteur, hat es getan. In diesen Tagen wurde über unsere und die Zukunft der Erde entschieden: Karfreitag und Ostern brachten Erlösung. Und an unserer persönlichen Antwort auf die Ereignisse dieser Tage liegt es, ob wir selbst Teil dieser Erlösung werden. Lassen wir uns von frommen Riten und Traditionen nicht ablenken: Die nächsten vier Tage sind Entscheidungstage.

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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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