Still werden in Flüeli-Ranft

Matthias Stalder, Leiter der Heilsarmee Huttwil
Matthias Stalder leitet die Heilsarmee Huttwil, ist ein tatkräftiger Mensch, hat immer mehrere Eisen im Feuer. Dennoch sucht er bewusst die Stille, zieht sich regelmässig nach Flüeli-Ranft zurück, um wie Bruder Klaus bei Jesus Inspiration zu holen.

Seit 170 Jahren gibt es die Heilsarmee in Huttwil, heute gehören die Sozialarbeit Leuchtturm und eine Brocki dazu. «Unser Ziel ist, der Region zu dienen», bestätigt ihr Leiter Matthias Stalder. Jeden Sonntag besuchen rund 200 Erwachsene und Kinder den Gottesdienst. Stalder prägt in diesem Umfeld an vorderster Front mit, hat immer mehrere Projekte laufen. Vor ein paar Jahren erkannte er, dass er Auszeiten braucht, um aufzutanken. Seither schreibt er sich Tage der Ruhe in die Agenda. «Die Stille zu suchen ist nicht Luxus, sondern notwendig, um mich nicht zu verlieren», stellt er klar.

Flüeli-Ranft als Rückzugsort

2017 las Matthias Stalder das Buch «Der Name Jesu sei euer Gruss» von Geri Keller. Die Lebensgeschichte des tiefgläubigen Niklaus von Flüe, der sich im 16. Jahrhundert als Bauer und Politiker engagierte, faszinierte Stalder. Er las weitere Bücher über den Eremiten und erkannte: «Ich brauche auch Ruhe, Rückzug, Zeit der Stille nur mit Jesus.» Seither verbringt er regelmässig Tage in Flüeli-Ranft, dem Lebensmittelpunkt von Bruder Klaus. «Meine Faszination über diesen Mann Gottes bricht seither nicht ab», hält Stalder fest. Er beschreibt Niklaus von der Flüe als einen Christusnachfolger, der wie wenige Persönlichkeiten der Geschichte die Liebe Gottes ergründet habe: «Er hat eine Tiefe erreicht, eine Nähe zu Gott und einen Gehorsam ihm gegenüber wie kaum ein anderer.»

Gott hat den Ehemann und zehnfachen Vater und Bauern aus seiner Aufgabe heraus- und in die Einsamkeit und Gemeinschaft mit sich gerufen. Niklaus hatte sich vorgestellt, damit die weltliche Gesellschaft zu verlassen, sich ganz zurückzuziehen. Doch Politiker von nah und fern suchten ihn auf, sogar ausländische Regierungsmitglieder kamen, um seinen Rat einzuholen. So gewann er national und international an Bedeutung, gab das weiter, was Gott ihm aufs Herz legte.

Seine Frau hatte das jahrelange Ringen um Gottes Berufung miterlebt und ihn schliesslich bewusst für seine neue Aufgabe freigegeben. Das Paar blieb miteinander verbunden, Dorothea besuchte ihn in seiner Klause, die beiden tauschten sich aus. Die Familie, Kinder und Enkelkinder waren bei ihm, als er starb.

Schöpfungsordnung ausser Kraft

Es gilt als geschichtlich erwiesen, dass Bruder Klaus 20 Jahre ohne Nahrung lebte. Gottes Schöpfungsordnung war bei ihm offenbar ausser Kraft gesetzt, er holte seine Kraft auf geistlicher Ebene. Dabei wirkte er nicht ausgezehrt, sondern machte den Eindruck eines lebensfrohen starken Mannes. «Ein Monat lang wurde Niklaus überwacht, ob er nicht von irgendwem Nahrung erhielt», erläutert Stalder. «Doch es wurde nichts festgestellt.»

Stalder selbst sitze nicht stundenlang in der Kapelle, sondern bewege sich gern im Ranft. «Sobald ich daheim aufbreche, im Auto sitze, stelle ich mich auf die Gegenwart Gottes ein.» Das geschehe manchmal schneller, manchmal langsam, die Gedanken kreisten, und schliesslich wende er sich bewusst an seinen Schöpfer. Als er einmal draussen unterwegs war, habe er gesagt: «Jesus, ich bin wieder da – ich habe heute diese Frage…» Sofort hörte er innerlich: «Das ist noch nicht dran – jetzt geht es zuerst einfach um dich und mich.» Bewegt erkannte Stalder: «Ich soll einfach seine Gegenwart wahrnehmen.» Gott sei es nicht so wichtig, welche Entscheidung er treffe: «Er möchte, dass ich die Freundschaft mit ihm pflege.» Dies werde ihm im Umfeld des Flüeli-Ranft immer wieder bewusst.

Bewusst in die Stille

«Ich katapultiere mich bewusst vom aktiven Leben in die Stille – das tut mir gut!», bekennt Matthias Stalder. Nach der Lektüre der Lebensgeschichte von Bruder Klaus besuchte er dessen Heimat und empfindet sie seither als Ort von Gottes Gegenwart. Einmal hatte er einen Konflikt mit einem Freund zu verarbeiten. Er ging am Fluss Melchaa entlang und plötzlich begann er, innerlich ein Lied zu singen: «Leben kommt, Freiheit kommt…» Er spürte, dass er sich nun lösen konnte von seinen kreisenden Gedanken, frei wurde. Weil er regelmässig diesen Ort aufsuche, könne Gott den Faden jeweils wieder aufnehmen. Er ist überzeugt: «Davon profitiert auch meine Gemeinde.»

Sehen Sie sich hier den Talk an:

Zum Thema:
Heilsarmee Huttwil und Pfimi Burgdorf: Die Menschen im Blick
Pfarrer Geri Keller: «Bruder Klaus war ein Komet»
Pfarrer Paul Bernhard Rothen: «Gott hat uns mit Bruder Klaus etwas geheimnisvoll Gutes geschenkt»

Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet

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