Die zündende Idee kommt oft von oben
«Der Umzug vom Zürcher Oberland nach Chur war für mich ein Schock», gesteht Martin Wäfler. Er ist zwölf Jahre alt, als seine Familie 1989 vom Pfäffikersee in den Kanton Graubünden zieht. Sein Vater ist Pastor einer Freikirche, die ihre Angestellten damals alle acht bis zehn Jahre versetzt. Statt auf dem Land, umgeben von Natur und dem schönen Pfäffikersee, wohnt die fünfköpfige Familie nun inmitten der Stadt, im Welschdörfli. Sein Zürcher Dialekt trägt nicht gerade dazu bei, dass Martin mit offenen Armen willkommen geheissen wird. Einige Monate leidet er unter Depressionen.
Zuhause an der Partymeile
Die «Friedenskirche» der Methodisten steht in Churs Ausgangsviertel, Familie Wäfler wohnt unter ihrem Dach. Martin und seine Geschwister besuchen hier Sonntagschule, Jungschar und Gottesdienste, das gehört einfach dazu. Später kann er quasi mit den Finken in den Ausgang gehen, gewinnt im Quartier neue Kollegen, raucht und trinkt bald mit ihnen. Autos faszinieren den Pastorensohn, und er lässt sich in der BMW-Garage Chur zum Automechaniker ausbilden. 1997 werden die Eltern wieder versetzt. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder zieht Martin in eine WG, bis dieser seine Ausbildung abgeschlossen hat. Er ist gerade mal zweiundzwanzig, als ihm sein Chef anbietet, gemeinsam die BMW-Vertretung in Davos zu übernehmen. Diese Chance will sich der junge Mann nicht entgehen lassen.
Frische Luft und Licht
Während eines WK's 2003 kehren die depressiven Verstimmungen zurück. Martin weiss, dass Jesus viele Menschen gesund gemacht hat und bittet ihn um Heilung. «Schlagartig verging mir die Lust auf die nächste Zigarette. Bis zu drei Päckli pro Tag hatte ich konsumiert», erzählt er. Auch die Depression verschwindet. Ein gläubiger Arzt verschreibt dem damals 27-Jährigen Medikamente und begleitet Martin, bis es ihm wieder gutgeht. Er beginnt, mit einigen jungen Christen die Bibel zu lesen und entscheidet sich, sein Leben Jesus anzuvertrauen. Heute sagt Martin: «Seither habe ich eine Hoffnung, die über den Tod hinausgeht. Wer an Jesus glaubt, hat ewiges Leben.» Der kleine Bibelkreis wächst und die Gespräche über den Glauben helfen Martin, Gott immer besser zu verstehen.
Kein Zufall
Mit etwa 30 Jahren beginnt er, sich immer mehr für Russland, die Menschen und ihre Sitten zu interessieren. Heute ist er überzeugt, dass Gott ihm diesen Anstoss gegeben hat. Nach Freundinnen, die seinen Glauben nicht teilten, ist es Martins Wunsch, eine Frau kennenzulernen, die wie er Jesus nachfolgt. 2012 meldet er sich bei einer christlichen Online-Partnervermittlung an. Als er eines Tages das Foto der Pflegefachfrau Maria sieht, weiss er: «Sie ist es!» Es stellt sich heraus, dass Maria aus einer Familie von Russlanddeutschen stammt. Ihre Vorfahren waren Ende des 18. Jahrhunderts nach Sibirien gezogen, wo Katharina die Grosse Bauern Land angeboten hatte, um zu siedeln.
Sprache und Glaube bewahrt
Einige mennonitische Familien packten die Chance, betrieben Landwirtschaft, behielten ihr Plattdeutsch als Umgangssprache und lebten ihren christlichen Glauben nach alter Tradition. Die meisten haben sehr viele Kinder, Maria ist das jüngste von zehn. Als das Land kommunistisch wurde, zog ihre Familie wegen der zunehmenden Unterdrückung der Christen weiter nach Kasachstan und 1987 noch vor dem Mauerfall nach Deutschland. Maria war damals sieben Jahre alt, und spricht perfekt Deutsch.
«Das hat Gott prima gemacht», sagt Martin und schmunzelt. «So konnten wir uns problemlos verständigen und näher kennenlernen.» Maria hatte sowieso vorgehabt, sich in der Schweiz Arbeit zu suchen und findet rasch eine Anstellung im Spital Davos. 2015 heiraten die beiden, zwei Jahre später kommt Sohn Ben zur Welt. Heute lebt Familie Wäfler sehr ländlich im schönen Dischmatal, umgeben von Kühen und Pferden. Sie gehören zur Freien Evangelischen Gemeinde, die in einer alten anglikanischen Kirche untergebracht ist.
Tüfteln und beten
Martin hat seinem Betrieb über all die Jahre die Treue gehalten und arbeitet als Serviceleiter im Büro und in der Werkstatt. «Ausser dem Verkauf mache ich alles», erklärt er. Steht eine komplizierte Reparatur an, dann klemmt er sich gern auch selbst dahinter. Seine reiche Erfahrung mit der Marke BMW kommt ihm dabei zugute. Er gibt zu: «Manchmal stosse auch ich an meine Grenzen. Erst nach stundenlangem Tüfteln kommt mir in den Sinn, es mal mit Beten zu versuchen…» Schon oft habe er dann erlebt, dass ihm die zündende Idee zuflog. Martin nennt ein Beispiel: «Einmal bat ich einen Mitarbeiter, einen bestimmten Stecker zu überprüfen – und genau dort waren zwei Kabel falsch verbunden.» Danach habe die Elektronik für die Anhängerkupplung wieder tadellos funktioniert.
Vertrauen wagen
«Es begeistert mich, Jesus konkret im Alltag zu erleben. Gottes Wort, der Bibel, zu glauben, hat mit Vertrauen zu tun», erklärt der 47-Jährige. «So wie meine Kunden darauf vertrauen müssen, dass ihr Auto dank des automatischen Bremssystems sicher einen schneebedeckten Abhang hinunterkommt, vertraue ich darauf, dass Jesus mich gut durchs Leben führt.»
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Hope Davos-Klosters.
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