«Ruhe in Frieden, bevor du stirbst»
«Ihr Kind hat Krebs oder Morbus Crohn» – so lautete die Diagnose nach verschiedenen Untersuchungen wie Blutentnahmen, einer unangenehmen Blasenkontrolle und einer Endoskopie, welche die damals achtjährige Rebekkah hatte erdulden müssen. Rebekkah lebte mit ihrer jüngeren Schwester und den Eltern in München. Die beiden Pastoren begleiteten sie liebevoll und beteten mit vielen Freunden zusammen für ihr Kind. Das Zusammensein mit Jesusnachfolgern aus aller Welt in ihrem Elternhaus liess in Rebekkah früh den Wunsch wachsen: «Ich möchte als Frau Gottes mit Jesus unterwegs sein, Menschen heilen, befreien und mit ihrem himmlischen Vater zusammenbringen.»
Doch seit ihrem Schuleintritt 2002 litt sie immer wieder unter Bauchschmerzen, ihr Unterbauch war aufgebläht, steinhart, sie hatte keinen Appetit und musste ständig zur Toilette. Nun erfuhr die Familie, dass Rebekkahs Beschwerden durch Morbus Crohn ausgelöst wurden, eine chronisch entzündliche Autoimmunerkrankung, die den gesamten Verdauungstrakt vom Mund bis zum Anus betreffen kann. Die Darmflora zerstört dabei sich selbst, kann nicht wie üblich Nährstoffe aufnehmen und zeigt bei Betroffenen verschiedene weitere Auswirkungen. Es gibt keine einheitliche Behandlung, daher gilt die Krankheit als unheilbar.
Kindheit im Krankenhaus
«Ich musste immer eine Toilette in der Nähe haben, viele Lebensmittel meiden, mich manchmal wie ein Astronaut ernähren und alle paar Wochen zur Kontrolle ins Krankenhaus», erzählt die heute 26-Jährige. «Auf dem Weg dahin sangen meine Mutter und ich oft Anbetungslieder.» Die Verbindung zu Jesus und Gebetsunterstützung gaben der ganzen Familie Kraft, immer wieder Zuversicht zu schöpfen. Eine normale Kindheit war unmöglich, die Klassenkameraden erfassten nicht, mit welchen Schwierigkeiten sie kämpfte, warum sie oft fehlte. «Doch meine grösste Angst war, dass mir ein künstlicher Darmausgang (Colostoma) gelegt werden müsste.» Immer wieder hatte sie gebetet: «Gott, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für ein Wunder!» Doch keine Behandlung war nachhaltig und ihr Dickdarm schliesslich so zerstört, dass Teile davon entfernt werden mussten. 2010 trat das Befürchtete ein – sie bekam ein Stoma.
«So will ich nicht mehr leben!»
«2014 traf ich das erste Mal den Arzt, der mir eine Stammzellentransplantation vorschlug», erinnert sich Rebekkah. Sie war damals gerade in die Oberstufe eingetreten und wurde über die hohen Risiken aufgeklärt. «Ich habe nicht viel zu verlieren – die Chance überwiegt», sagte sie zu ihren Eltern. «Ich habe lange genug überlebt, um zu wissen, dass ich so nicht mehr leben will.» Mit Paulus empfand die junge Frau: «Christus ist mein Leben – Sterben mein Gewinn.» Ob sie nach der Stammzellentransplantation noch auf Erden oder mit Jesus im Himmel sein würde – sie war überzeugt: «Jesus war und ist der Grund, warum ich überlebe.» Sie hatte Gottes Zusage erhalten: «Ich werde nicht sterben, sondern leben und die Taten des Herrn verkünden.» (Psalm Kapitel 118, Vers 17). Daran hielt sie sich fest.
Im Wartezimmer…
Es dauert ein Jahr, bis die Mediziner mit ihr übereinstimmen, das Risiko einzugehen. «Ich lernte in dieser Zeit, was es heisst, aktiv zu warten. Nicht aufgeben, beharrlich weiterkämpfen, sich körperlich, psychisch und geistlich vorbereiten.» Sie verbringt Wochen in Isolation, während denen die Abwehrreaktion ihres Körpers heruntergefahren wird. Endlich ist der passende Spender gefunden, und die Behandlung wird am 15. September 2015 durchgeführt, fast auf den Tag genau 17 Jahre nach ihrer Geburt. Wegen extremer Entzündungswerte muss sie zweimal notoperiert und schliesslich ins künstliche Koma versetzt werden, um dem Körper Ruhe zu gönnen. Sie balanciert am Rand des Todes.
Der Seele Gutes tun
«Durch die Stammzellen bekam ich die Chance, zu leben», bestätigt Rebekkah. «Doch durch Jesus bekommen du und ich die Chance, nie zu sterben und für immer zu leben.» Sie sieht ihre Krankheit als Weg, auf dem Gott ihr zeigt, was wahres Leben bedeutet. Ihre Seele hatte jedoch auch stark gelitten, vieles musste sie verdrängen, um zu überleben. «Der Kampf war gewonnen – doch ich fühlte mich verloren, irgendwo zwischen Himmel und Erde…» Gespräche mit der Psychologin halfen ihr, ihre Traumata allmählich zu überwinden. Sie riet ihr dazu, ihrer Seele Gutes zu tun. Zum Beispiel, indem sie lernte, zu spielen wie ein Kind.
RIP – Rest in peace
Zu Beginn ihres Studiums musste Rebekkah nochmals ins Krankenhaus. Das passte gar nicht – doch sie hatte zuvor Gottes Stimme vernommen: «Rebekkah, ich möchte, dass du ruhst.» Er meinte damit nicht diesen erneuten Klinikaufenthalt, sondern ihr ganzes Leben. Als sie als Reaktion auf den Tod eines Promis die vielen Einträge mit dem schlichten Hinweis «RIP – Ruhe in Frieden» las, war es, als ob Gott zu ihr sagte: «Ich möchte, dass du in Frieden ruhst, bevor du stirbst. Denn in Frieden ruhen ist etwas, das nicht den Toten, sondern den Lebenden gilt.» Diesen Hinweis hat die Autorin nun als Titel für ihr Buch verwendet.
Nie allein
14 Jahre ihres Lebens waren geprägt gewesen vom Kampf ums Überleben. Heute sagt Rebekkah Staudinger: «Ja, ich bin geheilt, aber ich lebe mit den Konsequenzen der Krankheitsjahre.» Sie trägt Narben und hat ein Stoma. Heute ist sie Psychologin, Autorin ihrer Biografie «Ruhe in Frieden, bevor du stirbst». Sie engagiert sich als Sprecherin, Worshipperin und Jugendleiterin. Die Jesus-Nachfolgerin hat erlebt: «Gott ist real und lebendig. Alles, was zerbrochen, verletzt, scheinbar verloren ist, kann er wiederherstellen.» Was sie erlebt hat, sei ein Wunder. «Je länger ich lebe, desto mehr verstehe ich, dass sich Jesus nach einer ganz persönlichen Beziehung mit jedem von uns sehnt.» Sie ermutigt aus ihrer Erfahrung: «Egal, wie allein wir uns fühlen – er lässt uns nie allein. Er ist mit uns bis ans Ende der Zeit.»
Sehen Sie sich den Talk mit Rebekkah Staudinger an:
Zum Buch:
Ruhe in Frieden bevor du stirbst - Rebekkah Staudinger
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