«In keiner Kirche könnte ich so viele erreichen»
«Ich wurde einmal als Facebook-Pfarrer bezeichnet», verrät der 52-jährige Fachspezialist Kurzfristplanung der SBB im Interview mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht. «Damals konnte ich mit der Bezeichnung nichts anfangen und sträubte mich noch dagegen.» Zuhause denkt er noch einmal über die Aussage nach und kommt zum Schluss: «Doch, ich glaube, das ist meine Berufung.»
Sanfter Start
«Vor fünf Jahren war ich noch nicht als Christ aktiv auf Facebook.» Nach seiner Berufung beginnt er, täglich ein Bild mit einem Bibelvers zu posten. In der Beschreibung teilt er ein paar kurze Gedanken zum Bibelvers. «Schon als aktiver Pfarrer im EGW (Evangelisches Gemeinschaftswerk) war es meine Stärke, eine Botschaft kurz und knackig rüberzubringen.» Denn immer wieder beobachtet Reto Lüthy in Gottesdiensten, dass viel geredet, aber wenig gesagt wird.
Also auf Englisch
Nach etwa einem Jahr der täglichen Versbilder erhält Reto einen Anruf. Er wird gefragt, warum er die Posts nur auf Deutsch und nicht auch noch auf Englisch macht. Das bleibt hängen – und er macht sich die Mehrarbeit. «Seit ich meine Botschaften auch auf Englisch mache, erreichen meine Posts täglich um die 570'000 Leute in den verschiedensten Ländern. In keiner Kirche könnte ich so viele Leute auf einmal erreichen.»
Simpler Aufbau
«Die Bilder für meine Posts stammen zu 95 Prozent aus meiner 'Feder'.» Reto Lüthy ist leidenschaftlicher Hobbyfotograf und ist fast immer mit seiner Kamera unterwegs. «Immer am Morgen stöbere ich durch meine Galerie und ein Bild spricht mich direkt an. Danach bete ich: 'Jesus, welche Botschaft möchtest du heute mit diesem Bild weitergeben?' Meistens erhalte ich nach dem Gebet einen passenden Vers zum Bild. Zum Vers überlege ich mir ein paar Gedanken, die mir wichtig geworden sind.»
Sobald der Post auf Deutsch finalisiert wurde, übersetzt der Facebook-Pfarrer den Text und den Vers ins Englische und postet beides sowohl auf Facebook als auch auf Instagram.
Berührende «Begegnungen»
Ein Erlebnis, an welches sich Reto besonders gerne erinnert, war mit einem Pakistani, der ihm auf Facebook schrieb und sich entschuldigte, dass er seit Jahren die Posts auf Urdu übersetzt und damit seine Gemeinde unterweist. «Ich habe den Mann noch nie gesehen und trotzdem ist er ein Freund in Christus geworden. Ich habe immer wieder Tränen in den Augen, wenn ich an dieses Erlebnis denke. Facebook ist persönlicher als man vermutet.»
Facebook-Pfarrer Reto Lüthy:
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