Von einem, der mitzog, die Gastfreundlichkeit zu erleben

Regula, Rustam und Christian
In der Ukraine ist vor über einem Jahr ein Krieg ausgebrochen. Der Völkerrechtswidrige Angriff Russlands hat schwerwiegende Folgen. Viele Ukrainer sind nach wie vor auf der Flucht. Einer von ihnen ist Rustam, der in der Schweiz eine neue Heimat fand.

Den Ort, an dem Regula und Christian Götz mit Rustam wohnen, findet keine Navigations-App und keine Karte. So neu ist das Haus. Die Glasfront im Wohnzimmer offenbart einen wunderschönen Panoramablick auf die Schweizer Alpen. Draussen riecht es nach Landluft – Idylle pur. 2'700 Kilometer entfernt liegt Rustams ukrainische Heimatstadt, Saporischschja. Dort herrscht Krieg, die Stadt wurde massiv von russischen Raketen getroffen und es gab zahlreiche Tote.

In der Schweiz sind alle drei sehr glücklich im neuen Haus, nur der 13-jährige Kater scheint den Umzug noch nicht so gut verkraftet zu haben. «Er will nicht rausgehen», sagt Regula, trotz der weiten Wiese vor dem Haus.

Von der Eigenständigkeit zum neuen Familienmitglied

Rustam ist ein grossgewachsener Tatare und Muslim. Er gehört damit einer ethnischen und religiösen Minderheit in der Ukraine an. Trotz einer eher schwierigen Kindheit ohne Eltern hat es der 38-Jährige beruflich zu etwas gebracht. Regelmässig arbeitete er in Russland, eben auch dann, als der Krieg ausbrach. Sein Vertrag wurde jäh gekündigt und er floh in Richtung Westen. Als Flüchtling war er in der Schweiz schlagartig auf fremde Hilfe angewiesen. Ein Zustand, der Rustam beschämte.

Folglich war er bei seiner ersten Begegnung mit Regula und Christian schüchtern und zurückhaltend. Davon ist jetzt nichts mehr zu spüren, er lacht mit den beiden am Esstisch und macht Witze. Die Verständigung funktioniert dank moderner Sprach-Apps zwischen den dreien holprig, aber dennoch gut.

Gott macht die besten Pläne

Regula und Christian sind gläubige Christen. Dies zeigt sich in ihrem Alltag bei fast allen Angelegenheiten. Beispielsweise besprechen sie ihre Wünsche und Lebensvorstellungen im Gebet mit Gott. Regula hatte es schon immer auf dem Herzen, eine offene Tür für Menschen zu bieten, die Hilfe benötigen. Doch nach ihrer Hochzeit pausierte dieser Traum aufgrund der Erziehung ihrer drei Kinder für einige Zeit.

Mittlerweile sind alle Kinder erwachsen und teilweise schon selbst Eltern. Als dann im März 2022 eine Sprachschülerin aus der Ukraine Regula um ein Bett für einen befreundeten Ukrainer bat, stand Rustam bereits drei Stunden später vor ihrer Haustür im alten Zuhause in Bülach. Die lang erbetene Lebensvision wurde plötzlich und ohne jede Vorbereitung wahr.

Mit Gott in der neuen Heimat

Schnell verstanden sich das Ehepaar Götz und Rustam gut, sodass Rustam wohnen bleiben konnte. Gleichzeitig spürte das Ehepaar, dass Gott sie im Berner Oberland haben möchte. Aber was nur sollte dann mit Rustam passieren? Als sie keine alternative Wohngelegenheit für ihn fanden, nahmen sie ihn mit. «So viel Freundlichkeit gibt es eigentlich nur im Märchen», meint Rustam. Viel Lob für Regula und Christian. Sie setzen bei ihrem Dienst am Nächsten allerdings nicht auf märchenhafte Magie, sondern vollständig auf Gott.

Inzwischen ist Rustam auch in der Schweiz viel selbstständiger geworden und enorm hilfsbereit. Seine deutsche Sprachschule suchte er selbst, er half beim Umzug tatkräftig mit und unterstützt im Haushalt, wo er kann. In der Freizeit geht er auch mal mit Christian wandern. Oder er fährt mit dem Fahrrad die 35 Kilometer alleine nach Bern. Auf die Frage, wie lange Rustam es sich noch vorstellen kann, bei Regula und Christian zu bleiben, antwortet er mithilfe der Sprach-App: «Jetzt möchte ich noch nicht alleine wohnen, lieber bei Regula und Christian. Wenn ich ihnen keine Unannehmlichkeiten bereite, möchte ich vorerst bei ihnen bleiben.» Regula lacht und antwortet: «Du darfst so lange bleiben, wie du möchtest.»

Wie lange Rustam wirklich noch bei ihnen bleiben kann, ist vor allem abhängig von den Schweizer Behörden und der Lage in der Ukraine. Regulas und Christians Tür steht indes für Menschen in Not weiterhin offen. Wann, wie schnell und für wie lange, das regelt Gott schon für sie. Darauf vertrauen Regula und Christian.

Dieser Artikel erschien zuerst in der «Viertelstunde für den Glauben». Das Evangelium auf  ansprechende Art und Weise selbst weitergeben? Das geht mit der «Viertelstunde»! Die Verteilzeitung «Viertelstunde für den Glauben», herausgegeben von der Schweizerischen Evangelischen Allianz, kann jetzt bestellt und verteilt werden.

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Autor: Cosima Dumler
Quelle: Viertelstunde für den Glauben

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