Schluss mit Angst, Depression und Opfermentalität

Regula Sulser war zu Gast im Livenet-Talk
Die ersten 25 Lebensjahre von Regula Sulser liessen kaum ahnen, dass sie einmal eine erfolgreiche Unternehmerin sein würde. Ihre Geschichte ist eine Ermutigung und erzählenswert: im Livenet-Talk und auch in einem Buch.

Regula Sulser kann auf eine verrückte Lebensgeschichte zurückblicken. Die ersten Jahrzehnte ihres Lebens liessen nicht ahnen, dass sie einmal eine erfolgreiche Geschäftsfrau werden würde. Als Zeichen, dass Kindheit und Jugend nicht das ganze Leben bestimmen müssen, schrieb sie ein Buch mit dem Titel «Entschuldigung, dass ich störe». Im Livenet-Talk spricht sie mit Florian Wüthrich.

«Ich habe mich aus Angst bekehrt»

Ihre Kindheit bezeichnet Regula als «nicht aussergewöhnlich spektakulär» und gleichzeitig als «permanent traurig». Die ersten 25 Lebensjahre waren gezeichnet von Depressionen; auch ihre Eltern waren depressiv. «Ich kannte nichts anderes. Das war für mich der Normalzustand.» Hoffnung kannte sie nicht. «Es war Resignation pur.» Die Stimmung in ihrer Herkunftsfamilie war geprägt vom Gefühl, benachteiligt zu sein und immer Pech zu haben. Diese Mentalität prägte Regulas Leben bis ins Erwachsenenalter.

«Mit 14 Jahren habe ich mich klar und bewusst für Jesus entschieden», erinnert sich Regula. Danach sei es aber nicht besser geworden. «Ich habe mich aus Angst bekehrt.» Regula wusste nie, ob sie Gott vertrauen konnte. Ständig glaubte sie, ihm etwas bieten zu müssen. «Da war eine dauernde Angst; nicht nur vor meinen Eltern, sondern auch vor Gott.» Viele Jahre waren geprägt durch die Frage: «Genügt es, was ich tue?» Und die Antwort schien immer «nein» zu lauten. Ihre Unsicherheit und die Unfähigkeit, «nein» zu sagen, wurden auch ausgenutzt. In ihrem Buch beschreibt sie einen erfahrenen sexuellen Missbrauch.

Lichtblicke im dunklen Nebel

«Trotz meiner Angst vor Gott, las ich immer in der Bibel.» Regula wollte mehr von Gott erfahren. Zwischendurch hatte sie Phasen, in denen sie etwas von der Güte Gottes erkannte. Auch Menschen, wie beispielsweise ein Musiklehrer, der sie in ihren Fähigkeiten bestätigte, waren Lichtblicke. Im Grossen und Ganzen blieb Regula aber in ihrer Opfermentalität und Depression verhaftet.

Für Regula war Sonja, ihre Tante und Gotte, eine wichtige Person. «Mit ihr hatte ich einen sehr herzlichen Kontakt. Sie lebte aber in Afrika.» Alle vier Jahre kam Sonja für ein paar Monate in die Schweiz; das waren gute Zeiten. So freute sich Regula, als Sonja nach 30 Jahren als Afrikamissionarin in die Schweiz ziehen würde. Doch kurz nach der Rückkehr erkrankte sie an Krebs und starb kurze Zeit später. «Das war auch wieder schwierig», sagt Regula zu einer Situation, die sich einmal mehr als Niederlage gezeigt hatte.

Mahlzeitendienst

«Mit 25 und 26 war ich längere Zeit krankgeschrieben», erzählt Regula aus der Zeit, welche eine grosse Wende brachte. «Wegen meiner Depression war ich nicht mehr arbeitsfähig.» Damals hatte sie zum ersten Mal den Mut, ihren Glauben in Frage zu stellen. Sie rackerte sich für Gott ab, las in der Bibel von Gottes überfliessendem Leben und erkannte in ihrem Leben doch nichts davon. So sagte sie zu Gott: «Ich will das erleben, sonst lasse ich den Glauben sein!» Regula hatte keine Ahnung, wie Gott dieses Gebet hätte erhören können.

«Ein paar Tage später sass ich einfach so da und starrte ins Leere. Da sauste plötzlich ein Gedanke durch meinen Kopf: Mahlzeitendienst.» Damals wusste Regula nicht, dass Gott zu Menschen spricht. Trotzdem war ihr sofort klar: «Das ist eine Antwort von Gott.» Als gelernte Köchin begann sie kleine Schritte zu gehen – die damals krebskranke Sonja und die mehr als 90-jährige Grossmutter waren die ersten Kunden.

«Entschuldigung, dass ich störe»

«Damals war ich unfähig, gross zu denken und niemals hätte ich mir vorstellen können, dass daraus eine grosse Firma werden sollte.» Nachdem Regula ungefähr zwölf Kunden hatte, sagte sie zu Gott: «Hier hast du den Mahlzeitendienst, gib mir bitte den nächsten Auftrag.» Doch es ging weiter und bald musste Regula Leute einstellen. Von Anfang an war Regula wichtig, sich Zeit für Senioren zu nehmen. «Unsere Kunden sind zwischen 80 und über 100 Jahre alt.» Für viele von ihnen sei das Bestellen von Mahlzeiten ein wichtiger sozialer Kontakt und sie schätzen es, wenn ihnen jemand einen Moment zuhört.

In ihrer Kindheit bekam Regula ständig zu hören, dass sie störe. Und zwar nicht aufgrund ihres Verhaltens, sondern einfach durch ihre Gegenwart. Heute würden regelmässig Senioren bei ihr anrufen und dabei anmerken: «Entschuldigung, dass ich störe!» Das macht Regula traurig. Schliesslich hat sie diese Worte als Titel ihres Buches gewählt. Dieses schildert ihre Geschichte und beinhaltet gleichzeitig die Botschaft: «Unsere Vergangenheit muss nicht unsere Zukunft prägen!»

Der Weg in die Freiheit ist ein Prozess

Die Verletzungen ihrer Kindheit und Jugend bezeichnet Regula als geheilt. «Das bedeutet aber nicht, dass depressive Verstimmungen nicht mehr kommen oder Angst sich nicht mehr meldet.» Sie merkt aber an, dass Depression zum grössten Teil an jenem Tag aus ihrem Leben verschwand, als sie den Menschen, die sie in der Vergangenheit schlecht behandelt hatten, bewusst vergab. «Als ich am nächsten Tag aufstand, war eine riesige Last von mir abgefallen.»

Noch immer ist Regula dabei, in eine immer grössere Freiheit hineinzuwachsen. Bis heute ist sie am Lernen, wie sie beispielsweise der Angst begegnen oder Lebenslügen entlarven kann, welche zu Depressionen führen können. In alledem ist Anbetung für Regula zu einem Lebensstil und der Glaube zur Kraftquelle ihres Lebens geworden.

Sehen Sie sich den Talk mit Regula Sulser:

 

Zum Buch:
Entschuldigung, das ich störe - Regula Sulser

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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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