Beschimpft, misshandelt – und nie verbittert
Der Autor des ausführlichen Porträts, Samuel Tanner, gibt Matthias Müller, einem Politiker aus Biel, Raum, seine Gedanken zu äussern. Müller erinnert sich an ein Gespräch mit Beat Feurer in einem Podcast: «Du bist angegriffen, beschimpft, misshandelt, lächerlich gemacht worden. Und trotzdem habe ich dich in den vielen Jahren, die ich dich kenne, nie verbittert, nie wütend erlebt.» Müller schien, so Tanner, fast verzweifelt angesichts der stoischen Ruhe seines Freundes. «Es kribbelt einen fast, wie du deine politischen Gegner immer in Schutz nimmst.» Dies zeige Grösse und Kraft: «Woher nimmst du diese Kraft?»
Schon der Titel des Beitrags zeigt die Spannung an, die das Verhalten von Beat Feurer für seine Umgebung ausübt: «Er wurde misshandelt, verstossen, desavouiert – aber er sagt: 'Lass die Sonne nicht über deinem Zorn untergehen'.»
Seine Geschichte gleiche derjenigen von Hiob im Alten Testament, schreibt der Porträtist gleich zu Anfang. Seine Mutter hatte psychische Probleme und misshandelte ihn. Sein Vater verliess bald die Familie. Beat wurde herumgeschoben zu Nachbarn, landete im Kinderheim, schliesslich wieder bei seinem Vater, der aber kein Verständnis für ihn aufbrachte. Er durchlebte depressive Phasen und wollte sich umbringen.
Der Wendepunkt
Der Wendepunkt kam, als er auf einer Skipiste ein Bekehrungserlebnis hatte. Er schloss sich einer neu gegründeten Kirche an, dem Jahu in Biel. Bald darauf wurde er auch politisch aktiv und schliesslich – von der SVP portiert – in die Stadtregierung von Biel gewählt. Vor 30 Jahren nahm er eine sri-lankische Asylbewerberfamilie bei sich auf, was in seiner Partei nicht gerne gesehen wurde, aber sie ist heute seine Familie.
Er wurde zuerst Sozialdirektor der Stadt und schliesslich auch Finanzdirektor. «Eigentlich eine mission impossible», wie er sagt. Das brachte ihn oft in die Bredouille, und er erlebte Demütigungen und politische Angriffe, die andere Politiker längst zum Rücktritt bewogen hätten.
Coming out in der christlichen Gemeinde
Schwierig wurde es für ihn auch in der christlichen Gemeinde, als er sich nach langem Zögern entschloss, seine Homosexualität öffentlich zu machen. Etliche Gemeindeglieder wandten sich von ihm ab. Aber er blieb im Jahu, «weil ich dort eine Kraft gefunden hatte, die grösser war als die ausgrenzende Kraft der Glaubensgemeinschaft». Heute werde dort Homosexualität differenzierter betrachtet als damals.
Auch in der Stadtregierung hält er dem grossen Druck stand, der vor allem aus der Budgetsituation resultiert. Die sozial Schwachen sollen nicht darunter leiden. Er steht im Morgengrauen auf, macht vieles selbst, weil seine Direktion unterbesetzt ist. «Doch Beat Feurer scheint die Ruhe selbst zu sein, unkontrollierte Momente gibt es bei ihm nicht», so der Autor des Porträts.
Ein Mann, der in seinem Glauben ruht
«Woher nimmst du diese Kraft?», fragt der Journalist. «Ich könnte platt sagen: von Gott», so Feurer. «Aber ich bin nicht ganz sicher.» Er erzählt von seinem Bekehrungserlebnis im Konfirmandenlager im Berner Oberland. Auf der Skipiste hielt er eines Morgens an, schaute das Alpenpanorama über Adelboden und war überwältigt. «Ich dachte, auch wenn alles zusammenbricht, Gott ist da!» Die Depressionen verschwanden aus seinem Leben. «Es spricht ein bekehrter Mann, der tief in seinem Glauben ruht», bilanziert der Porträtist.
Beat Feurer sei ein «Hiob, der nicht verzweifelt ist ... aus dem Bleiben – gegen alle Widrigkeiten – ist ihm etwas für das Leben geblieben». Es ist der Wunsch nach Versöhnung. Und dann verrät er sein biblisches Motto: «Lass die Sonne nicht über deinem Zorn untergehen.»
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