Ein Pfarrer prägt die Gesundheitsszene

Die Kneipp-Anlage in Dietfurt.
Wir begegnen ihnen in Parks oder naturnahen Plätzen. Besonders in Deutschland locken Kneippbecken zur Erfrischung für Arm, Fuss und Bein. Denn die wohltuende, ja sogar heilsame Wirkung des Wassers entdeckte damals auch der berühmte Priester.

In gesundheitsbewussten Kreisen mit Naturbezug ist das «Kneippen» fester Bestandteil von Therapien und voll im Trend. Bereits Florian Berndl, ein Bekannter Kneipps, empfahl «Naturbäder», nämlich: «…durch Jahre erprobte Luft-, Sonne-, Sand-, Kräuterheu-, Regen-, Schneebäder, welche sich in allen Leiden und Hinfälligkeiten erfolgreich erwiesen haben…» Aktuell wird das Waldbaden neu entdeckt.

Was bei Sebastian Kneipp manchmal vergessen geht: Er blieb zeitlebens auch Geistlicher.

Frühe Frömmigkeit

Rosina Kneipp brachte am 17. Mai 1821 um 23.30 Uhr ihren Sohn Sebastian zur Welt, der schon acht Stunden später in Ottobeuren getauft wurde. Der Lebensweg des kleinen Sebastians war jedoch kein geradliniger Fluss. Sein früher Wunsch, Geistlicher zu werden, erfüllte sich erst mit 31 Jahren. Zum Pfarrer wurde er 1881 berufen; da war er 60jährig. Und fünf Jahre später wurde der Priester mit dem Bestseller «Meine Wasserkur» zum Shootingstar.

Lust aufs Leben und Mut machen

Tief in ihm war ein starker Glaube und die Zusage Gottes: Du hast Talent, mach etwas daraus. Er legte Wert darauf, anderen Menschen Mut und Lust auf das Leben zu machen.

Im Geburtsjahr Kneipps geschahen viele prägende Ereignisse, unter anderem riesige Ernteausfälle. So entstand damals auch das Trostlied «Stille Nacht, heilige Nacht».

Aus der Apotheke Gottes

Die göttlich inspirierte, geisterfüllte Schöpfung wird auch als «Apotheke Gottes» bezeichnet, weil darin viele Heilmittel und gesundheitsfördernde Pflanzen und Stoffe auffindbar sind. Bereits Mutter Kneipp gelang es, mit konstantem Einsatz von Wacholderbeeren die Familie und viele Dorfbewohner vor einer Cholera-Ansteckung zu schützen.

Sebastian selber beobachtete, wie eine Kuh ihr verletztes Bein im Bach badete und einiges später wieder laufen konnte. Auch merkte er, dass er als Kind im Sommer in der freien Natur gesünder war als im Winter drinnen, beim Weben im Keller.

Kampf der eigenen Krankheit

Spätestens seit 1846 litt Kneipp an einer Lungenerkrankung, vermutlich Tuberkulose. Auf das Buch «Unterricht von Krafft und Würkung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen…» gestossen, badete Kneipp anschliessend wöchentlich zwei- bis dreimal einige Momente in der eiskalten Donau, nahm zu Hause Halbbäder, übergoss sich mit Wasser und wurde nach eigenen Angaben wieder gesund. Am Georgianum behandelte er dann erstmals heimlich tuberkulose-kranke Kommilitonen.

Für Langzeitkranke, Arme – und den Richter

Dann, im Februar 1853, kam es zur ersten Anzeige wegen Kurpfuscherei, da der Pfarrer eine cholerakranke Magd mit heissen Wickeln behandelt hatte. Zu einer Busse von zwei Gulden wegen «Vergehens gegen das Kurierverbot» wurde er verurteilt. Doch selbst dem Richter stellte er eine Kuranweisung gegen Gicht aus.

Später legte Kneipp dem Gericht dar, er habe stets nur Menschen behandelt, die nach jahrelanger Behandlung keine Hilfe gefunden oder die einfach kein Geld für einen Arzt hätten. Der Richter sprach Kneipp nicht nur frei, sondern ermunterte ihn: «Kurieren Sie die, welche keine Hilfe bekommen und kein Geld haben, und seien Sie ein Helfer in der Not.»

Beichten bringt Balance

Wesentlich in seinem Dienst war Kneipps Rolle als Seelsorger und Beichtvater. Innere Ordnung in seinem Sinne meinte daher, im Einklang mit sich selbst, den Mitmenschen und Gott zu leben. Er machte klar, dass die seelische Harmonie mit dem Körperlichen verbunden ist. 1855 trat Kneipp seinen Dienst als Beichtvater im Kloster der Dominikanerinnen an.

Lange bevor er seine Gesundheitsbücher schrieb, verfasste er landwirtschaftliche Anleitungen wie das «Bienenbüchlein». Man könnte ihn auch als Universalgelehrten bezeichnen, der sich um die Volksgesundheit kümmerte.

Bei Kaiserin Sisi, Papst Leo und bis heute gefragt

Begleitet von seinem derben und urchigen Humor behandelte er die Mengen, die zu ihm wallfahrten. Sebastian Kneipp war auch oft auf Vortragsreise oder in der Fremde mit Wasseranwendungen unterwegs, etwa bei Kaiserin Sisi oder Papst Leo XIII.

Er nahm mit seinen Büchern, Vorträgen und Beteiligungen am Malzkaffee sowie weiteren unter seinem Namen vertriebenen Produkten etwa 800'000 Mark ein. Die gab er für christliche Stiftungen und der Gesundheitsförderung dienende Bauwerke wie das «Sebastianeum» aus.

So war der geistliche Arzt arm geboren, nahezu zum Millionär geworden und kehrte zum finanziellen Minimum zurück.

Selber testen: Zur inneren Schöpfungs-Ordnung

So, nun können wir konkret selber eine Anwendung ausprobieren: eine nahegelegene Kneipp-Anlage aufsuchen – und eintauchen.

Die ganzheitliche geistliche Variante wär nun wohl, bei einem Wasser-Rundgang gleichzeitig innere Anliegen mitzubewegen. Oder man bespricht, was einen beschäftigt, vorgängig im Gebet mit Gott vor oder beim «kneippschen Wassergang».

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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet

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