Unbeschwert und natürlich den Glauben teilen

Gabi Jacobi
Eltern prägen ihre Kinder und haben dabei eine einzigartige Chance. Gabi Jacobi betont, dass es dabei nicht um Perfektion geht, sondern darum, sich Zeit zu nehmen und den Glauben zu teilen – unvollkommen und authentisch.

Die Theologin Gabi Jacobi (44) unterstützt Eltern in der geistlichen Erziehung ihrer Kinder. Mit Ehemann André und ihrem Sohn lebt sie in Münchenbuchsee.

Wenn der Kreis sich schliesst

«Ursprünglich habe ich Kleinkindererzieherin gelernt und hatte immer viel mit Kindern zu tun.» Gabi war Jungscharleiterin und machte Auslandaufenthalte. Mit dem Ziel, Missionarin zu werden, absolvierte sie ein theologisches Studium und suchte dann erfolglos ihren Platz auf einem Missionsfeld. Deshalb begann sie, sich in der Schweiz in die Integrationsarbeit von Migranten zu investieren und gründete beispielsweise eine Wohngemeinschaft für Migrantinnen.

Die Anfrage, Pfarrerin in ihrer Gemeinde zu werden, nahm sie später an. «Für mich war dies eine vorübergehende Sache, bis jemand anderes gefunden wird.» Im Laufe der Zeit glaubte sie aber, gerade dort am richtigen Platz zu sein. Die Jahre vergingen, Gabi heiratete, wurde Mutter und reduzierte ihr Arbeitspensum. In der Folge glaubte sie, weder der Gemeinde, noch ihrer Familie gerecht zu werden. «Da überlegte ich mir, was ich denn eigentlich gerne mache.» Und so besann sich Gabi darauf, wie gerne sie sich in Kinder investiert und da sie inzwischen Mutter war, hatte sie nun die ganze Familie im Fokus.

«Eltern haben eine grosse Verantwortung ...»

Nach klärenden Gesprächen wurde im Evangelischen Gemeinschaftswerk (EGW) ein Ressort für Familien gegründet und Gabi im Juli 2022 mit 20 Prozent angestellt. So hat sie die Möglichkeit, sich für das einzubringen, was ihr besonders auf dem Herzen brennt.

«Kinder benötigen viel Zeit und Aufmerksamkeit ihrer Eltern, absorbieren also viele Kräfte», ist sich Gabi bewusst. Anstatt dem entgegen wirken zu wollen und das Familienleben effizienter zu gestalten versuchen, was für alle Stress verursacht, findet sie es sinnvoller, sich dieser Herausforderung ganz zu stellen. Das bedeutet auch, andere Anliegen loszulassen, zumindest vorübergehend.

«Alles hat seine Zeit», sagt sie und ist deshalb umso motivierter, ihr Familienleben als Dienst in Gottes Reich zu verstehen. «Familienarbeit ist ein wichtiger Dienst im Reich Gottes. Eltern haben eine grosse Verantwortung, den Glauben vorzuleben. Die Zeit vergeht schnell und viele Eltern bereuen später, sich nicht mehr in ihre Kinder investiert zu haben.» Manche würden sich auch überfordert fühlen und deshalb dazu neigen, die geistliche Erziehung an andere delegieren zu wollen. Hier will Gabi Hand bieten.

«... und überlassen das Übrige Gott»

Wenn es darum geht, den persönlichen Glauben mit den eigenen Kindern zu teilen, sollte sich nicht die Frage stellen, ob dies jemand anderes besser tun kann, denn diese «jemand anderes» sind nicht die Eltern des Kindes. Gabi betont, dass niemand die Rolle der Eltern einnehmen kann. Es gilt zu sagen: «Ich bin die richtige Person, um meinen Kindern etwas zu vermitteln.» Der Einfluss von Eltern auf ihre Kinder hat eine nicht zu unterschätzende Wirkung. Gleichzeitig betont Gabi, dass Eltern letztlich nicht über den Glauben ihrer Kinder entscheiden können. «Wir investieren uns so gut wir können und überlassen das Übrige Gott.»

Für Eltern ist in erster Linie wichtig, ihren eigenen Glauben zu pflegen. «Wenn ich selbst Gott nicht nahe bin, wird auch mein Anliegen, dass meine Kinder Gott nahe sind, verblassen.» Gabi glaubt, dass wir aus der Nähe zu Gott alles empfangen, was wir brauchen.

Es geht auch um Werte

Ganz praktisch nehmen Kinder den Glauben der Eltern anhand der gepflegten Werte wahr. So gibt es viele Gelegenheiten, mit Kindern über die Gründe gelebter Gastfreundschaft, Ehrlichkeit oder der eigenen Arbeitsmoral zu sprechen. Vergebung oder das «um Verzeihung bitten» sollten für Kinder erfahrbar sein und auch Themen wie Dankbarkeit, Umgang mit Geld oder Rücksicht auf Schwache sind Grundlage guter Diskussionen. Gabi ist überzeugt, dass auch das verbindliche Anteilnehmen einer örtlichen Gemeinde eine starke Wirkung auf Kinder hat.

Wenn es mit der Familienandacht nicht klappt

«Es gibt sehr viele kreative Arten, wie mit Kindern gebetet werden kann.» Gabi erzählt von einer Familie, die Informationen aus Länder sammelt und dann für die Menschen dort betet. «Es ist mir wichtig, den Kindern die Bibel nahezubringen.» Gabi ist begeistert von vielen guten Materialien, die heute verfügbar sind und erwähnt dabei Adonia, den Bibellesebund und andere.

Es gebe Familien, die in ihrem Wohnzimmer regelmässig Gottesdienste durchführen – mit gemeinsamem Singen und Musizieren, einer Familienandacht und begeisterten Gebetszeiten. Es ist nur so, dass dies bei vielen nicht so richtig funktioniert. «Viele Familien haben dann das Gefühl, dass es bei ihnen nicht so ist, wie es sein sollte.» An dieser Stelle ist Gabi wichtig, sich nicht aufs Ideal zu versteifen. Das geistliche Leben in der Familie ist nämlich genauso unvollkommen, wie das ganze Leben. Und genau dies darf auch so sein und könnte beispielsweise dazu führen, mit den Kindern mal über Gottes bedingungslose Annahme zu sprechen.

Zur Website:
EGW Familienarbeit

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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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