Esel, Ochse, Stall und Könige – wirklich?

War der Esel wirklich ein so grosser Teil der Weihnachtsgeschichte?
Jährlich wird die Weihnachtsgeschichte erzählt. Wir kennen sie schon zur Genüge. Aber: Wenn wir mal zurück zu den biblischen Überlieferungen gehen und ganz neu überlegen, wie es gewesen sein könnte, erwacht die Story zu neuem Leben.

Die Weihnachtserzählung: Wir kennen sie, denn schliesslich wird sie jedes Jahr erzählt. In Krippenspielen oder Theatern werden die Einzelheiten meist ähnlich dargestellt – egal ob diese in der Bibel wiedergegeben sind. Manche Ausschmückungen sind schon so stark in unserer Vorstellung verankert, dass wir sie als Tatsachen betrachten. Aber: War es wirklich so? Oder könnte es auch anders gewesen sein?

Natürlich liegt das Wesentliche der Weihnachtsgeschichte nicht den Details, sondern darin, dass Gott Mensch geworden ist. Um die Geschichte aber einmal auf frische Weise zu erleben, kann es hilfreich sein, die Story neu zu denken.

Woher kommt zum Beispiel der Stall?

Die Weihnachtserzählung stammt aus den Evangelien von Matthäus und Lukas. Manche Einzelheiten werden in beiden Überlieferungen erwähnt, andere nur von einer, während viele Details aus irgendwelchen anderen Quellen (oder reiner Phantasie?) stammen.

Ein Beispiel: Die Bibel erwähnt keinen Stall. Die Idee, dass sich die Geburt von Jesus in einem Stall zugetragen hat, entstammt wahrscheinlich unserem westeuropäischen Kontext. Hier befindet sich eine Futterkrippe üblicherweise in einem Stall – also gehen wir davon aus, dass dies im antiken Israel ebenfalls so gewesen ist. Für Menschen aus südlichen Ländern ist dies aber nicht naheliegend und ob es in Israel damals feste Ställe gehabt hat, ist fraglich. In der traditionellen Erzählung gehört der Stall aber einfach zu Weihnachten dazu.

Haben wir also einmal den Mut, die Krippe anders zu denken – vielleicht als Gefäss an der Rückwand eines Hauses, ohne Dach und Schutzwände...

Viele andere Details

In unseren Erzählungen und Krippenspielen gehören Ochse und Esel dazu. Wir stellen uns vor, dass die hochschwangere Maria auf einem Esel geritten ist und dass Maria und Josef die wochenlange Reise alleine – ohne Schutz durch eine grössere Reisegruppe – zurückgelegt haben. Genauso klar scheint, dass Maria bei der Geburt keine Hebamme und – abgesehen von Josef – auch sonst keine Hilfe zur Seite gestanden hat. Aber: Könnte es nicht auch so gewesen sein, dass Maria in einem Haus geboren hat, mit Unterstützung einer Hebamme und Josef als Mann dabei nichts verloren hatte? Da sie keine feste Unterkunft hatten, legten sie Jesus dann in eine Futterkrippe, während Josef nach einer Unterkunft suchte. Die Zeit ohne Obdach könnte vielleicht auch nur einen Tag oder sogar nur einige Stunden gedauert haben. Was die Bibel uns dann wieder vermittelt ist, dass die Weisen die junge Familie in einem Haus besuchten.

Die Liste mit den Details, welche wir in der Weihnachtsgeschichte einfach so annehmen, ohne es genau zu wissen, könnte beliebig erweitert werden. Tatsache ist es, dass wir vieles nicht wissen und es deshalb unsere Phantasie überlassen ist, das Bild zu vervollständigen.

Zuweilen wüssten wir es eigentlich besser

Gewisse Details fanden in unsere traditionellen Erzählungen Eingang, obwohl wir es eigentlich besser wissen könnten. Da ist zum Beispiel die Geschichte der drei Könige. Doch in der Bibel gibt es keine «drei Könige». Es gibt Sterndeuter, weise Männer aus einem Land östlich von Israel, welche, von einem Stern geleitet, einen weiten Weg auf sich nahmen, um den neugeborenen König der Juden zu besuchen. Es waren aber keine Könige und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bestand die Gruppe auch aus weit mehr als drei Personen. Die Zahl drei könnte von den drei erwähnten Geschenken abgeleitet werden (Gold, Weihrauch und Myrrhe). Die «drei Könige» sind in unserer Weihnachtserzählung jedoch derart etabliert, dass sie irgendwann sogar Namen erhielten (Caspar, Melchior, Balthasar). Das Erscheinen von drei Männern mit diesen Namen ist aber in höchstem Masse unwahrscheinlich – sorry!

Ganz neu in die Weihnachtsgeschichte eintauchen

Die Bibel überliefert uns nur wenige Details zur Weihnachtsgeschichte. Vieles bleibt offen. Obwohl wir davon ausgehen können, dass uns alles wissenswerte vermittelt wurde, sind es oft gerade die Details, welche eine Story lebendig werden lassen. Haben wir einmal den Mut, ganz neu zu denken. Dadurch werden wir erstens aufs wirklich Wesentliche zurückkommen und zweitens frische Bilder vor unseren inneren Augen sehen.

Wir können uns überlegen, wie lange Zeit zwischen den Besuchen der Hirten und der Weisen vergangen sein könnte. Was spricht für wenige Tage, was für mehrere Wochen? Finden wir Hinweise, ob Josef irgendwelchen Menschen in Bethlehem bekannt gewesen sein könnte? Und auch Überlegungen, wie Josef mit der hochschwangeren Maria umgegangen ist, könnte interessant sein. Inzwischen waren die beiden verheiratet, hatten aber noch nie zusammen geschlafen – was bedeutet dies für die mehrwöchige Reise, die Geburt und den Aufenthalt in Bethlehem? Diese uns unzählige weitere Fragen können gestellt werden, welche die Weihnachtsgeschichte neu beleben.

Diese Zeilen sollen Mut machen, neu im Bibeltext zu forschen und diese unvorstellbare und in der Weltgeschichte einmalige Geschichte ganz neu zu erzählen.

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Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Jesus.ch

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