Manche Begegnungen sind nicht zufällig
In landläufiger Vorstellung wurde Jesus in einem Stall geboren und verbrachte die ersten Tage in Abgeschiedenheit, ganz alleine mit Maria und Josef. Damit die Szene nicht allzu trostlos daherkommt, werden in Krippenspiel und Erzählungen oft Ochse und Esel hinzugefügt. Wie es sich wirklich zugetragen hat, wissen wir nicht. Die Bibel beschreibt aber, wie Gott Engel sandte, um Hirten als VIP-Gäste einzuladen. Raue Männer erhielten eine dramatische Einladung, um den neugeborenen Jesus zu besuchen.
Ganz krasse Engelsbegegnung
Die Geschichte mit den Hirten erscheint unglaublich. Allein schon die Begegnung mit dem Engel als eine überragende, leuchtende Gestalt, ist alles andere als alltäglich. Und dann die Botschaft, dass der Messias, der Retter der Welt als Baby geboren worden ist – für die Hirten muss diese Botschaft absolut krass erschienen sein.
Doch damit nicht genug: Plötzlich erschien ein ganzes Heer von Engeln, welche ein Lied sangen. So etwas hat die Welt noch nie gehört – weder vorher, noch nachher. Diese unvorstellbaren Engelserscheinungen unterstreichen das Unglaubliche, das gerade geschehen war: Gott war Mensch geworden! Und das ist sogar noch krasser als die Engelserscheinungen.
Wieso ausgerechnet Hirten?
Es ist erwähnenswert, dass die Engel ausgerechnet Hirten einluden, Gott in Babygestalt zu besuchen. Sie befanden sich in Judäa, Jerusalem lag in der Nähe und die Zahl an Geistlichen, Theologen und Priestern war gross. Eine beachtliche Zahl von ihnen sehnte sich nach dem Messias und forschte in den Heiligen Schriften nach dem Zeitpunkt seines Kommens. Dazu kommt, dass Machthabende und einflussreiche Menschen die Möglichkeit gehabt hätten, die Nachricht der Geburt von Jesus effizient unter die Leute zu bringen.
Wir könnten erwarten, dass Gott seine Engel nach Jerusalem, ins Zentrum von Religion und Macht geschickt hätte, um die Geburt seines Sohnes anzukünden. Doch so war es nicht. Die Himmelsboten erschienen einer Gruppe hartgesottener Männer, die sich, ausserhalb der Stadt, am Feuer warm zu halten versuchten. Und sie erschienen ihnen mit einem derart grossen Spektakel, dass zweifellos klar war, dass genau sie angesprochen und eingeladen waren, Jesus zu besuchen.
Unerwartete Gäste
Dass Eltern stolz und gerne ihre neugeborenen Kinder präsentieren, ist kaum ein Phänomen der Neuzeit. Und so mag es auch bei Maria und Josef gewesen sein – besonders, da sie wussten, dass Jesus Gottes Sohn war. Doch sie waren weit weg von ihrer Heimat, ihren Verwandten und Freunden. Wem sollten sie das Kind präsentieren? Und konnten sie es sich überhaupt leisten, jemandem von der wahren Identität des Babys zu erzählen? Möglicherweise wären sie wegen Gotteslästerung gesteinigt worden. Auf jeden Fall waren sie hier, in Bethlehem, auf sich gestellt. Umso erstaunlicher muss es gewesen sein, dass inmitten der Nacht ausgerechnet eine Gruppe von Hirten auftauchte, welche von Himmelsboten informiert waren, wer Jesus war.
Unerwartete zwischenmenschliche Wärme
Verglichen mit dem Spektakel der Engelserscheinung und der Tatsache, dass Gott ausgerechnet den Hirten begegnete, erscheinen die menschlichen Bedürfnisse von Maria und Josef (und auch von Jesus) fast bedeutungslos. Diese sind aber überhaupt nicht nebensächlich. Es sind oft die kleinen Begegnungen des Alltags, die unsere Herzen berühren und uns das Gefühl geben, nicht alleine zu sein.
Hohe Erwartungen an qualitativ hochstehende zwischenmenschliche Beziehungen sind oft der Grund, dass ebendiese nicht erlebt werden. Umgekehrt erleben wir oft gerade dort die Wärme von Beziehung, wo wir es nicht erwarten. Maria und Josef haben kaum dafür gebetet, mit irgendwelchen Hirten in Kontakt zu treten. Doch genau dies geschah und die Herzen der Beteiligten fanden sich. Schliesslich hatten sie eine Sache gemeinsam: Sie wussten über die Identität von Jesus Bescheid. Das verbindet.
Irgendwie geht das auch uns etwas an
Wollen wir doch gerade in der Weihnachtszeit unseren Mitmenschen (und auch Fremden) mit dem Wissen begegnen, dass uns vielleicht mehr mit ihnen verbindet als wir ahnen und dass unter Umständen gerade eine von Gott herbeigeführte Begegnung stattfindet – auch ohne vorausgehendes Spektakel. Lassen wir unsere Vorstellungen, wie eine weihnachtliche Gemeinschaft aussehen sollte, einmal los und schenken den Menschen, die uns gerade begegnen, unsere Aufmerksamkeit. Es könnte ja sein, dass ein Engel sie geschickt hat…
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