Die Psychologie der Bibel
Acht Jahre verbrachten wir als Familie an der Langstrasse. Es ist das Rotlichtquartier der Stadt Zürich und man kann es mit einem Wort beschreiben: Sucht. Da die Heilsarmee uns damit beauftragt hatte, das «Open Heart», einen «Treffpunkt für Randgruppen» zu eröffnen, fanden wir uns täglich im Gespräch mit Drogenabhängigen, Trinkern, Prostituierten, Strichjungens und Spielsüchtigen.
Es war nicht etwa unsere Aufgabe, ihnen aufzuzeigen, dass ihr Lebensweg falsch sei. Ganz im Gegenteil: Sie waren es, welche unsere Kinder davor warnten, die selben Fehler wie sie zu machen. Trotzdem war es nicht einfach, dass einer den Weg zurück in die Gesellschaft wiederfand. Denn zerbrochene Familien, Schul- und Lehrabbrüche, fehlende allgemeine Kenntnisse, psychische und körperliche Auffälligkeiten stellten neben der Sucht weitere unüberwindbare Hindernisse dar. Sie fühlten sich verachtet und ausgestossen. An der Langstrasse dagegen fragte niemand nach Zeugnissen und Leistungen. Da fühlten sie sich zuhause und angenommen.
Auf der Suche nach Anerkennung
Wir alle möchten dazugehören. Wir suchen Anerkennung. Was uns irgendwie zutiefst motiviert, ist die Bewunderung und Annahme der Mitmenschen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Junkies nicht wesentlich von erfolgssüchtigen Bankdirektoren. Die meisten Menschen sind sich ihrer Motive nicht bewusst. Ich werde nie die Frau vergessen, welche ihre Ehe zerstörte, obwohl sie das gar nicht wollte. Sie lief einem Mann hinterher, den sie eigentlich verachtete. Es schien ihr so, dass sie bei ihm einen Platz gefunden habe.
Wir sammeln und bauen, obwohl wir wissen, dass wir nicht bleiben können. Wir bilden uns etwas ein auf Errungenschaften, die schon bald vergessen sein werden. Wir bemühen uns um unser Aussehen, das sich doch unweigerlich auf dem Niedergang befindet. Was motiviert uns?
Antwort der Psychologie
Die Psychologie gibt letztlich keine umfassende Erklärung. Man begnügt sich meistens damit, Menschen so weit möglich wieder in die normale Gesellschaft einzugliedern. Sofern sie einigermassen funktionstüchtig werden, gilt das Ziel als erreicht. Es geht darum, irgendwie ein Gleichgewicht zu finden, um nicht mehr auf die eine oder andere Seite abzustürzen. Doch die tiefen Fragen bleiben letztlich unbeantwortet.
Tiefer als alles, was ich sonst gelesen habe, geht meiner Ansicht nach der Genfer Arzt Paul Tournier. Schon als junger Mensch hat mich sein Buch «A Place for You» fasziniert. Er geht davon aus, dass der unglaubliche und unstillbare Hunger des Menschen sowohl nach einem physischen als auch einem psychischen Platz einen Grund hat: dass er nämlich genau diesen Platz einst besass und ihn verlor. Der Mensch leidet zutiefst an Heimweh nach einem idealen Platz, der verloren ging. Genau davon erzählt die Bibel: dass der Mensch ein aus dem Paradies Vertriebener ist.
Antwort der Bibel
Mit diesem Ansatz gewinnt Dr. Tournier einen beeindruckenden Ansatz für die Therapie seiner Patienten (der mir selber in jungen Jahren viel geholfen hat): Er hilft ihnen einerseits, zu verstehen, wie und weshalb sie einen Platz im Leben aufbauen dürfen und sollen, ohne allerdings anderen Menschen zu schaden. Doch zugleich bewahrt er sie vor der Illusion, diesem Platz eine übertriebene Bedeutung zuzumessen. Er ist ja vergänglich, und was wir unbewusst suchen, ist der Platz in der Ewigkeit, der verloren ging. Darum wird uns kein Platz und keine Stellung auf dieser Welt letztlich gänzlich befriedigen können. Nun kommt der zweite Teil der Therapie: den Platz in der Ewigkeit in den Armen des himmlischen Vaters wieder zu finden, den Jesus uns durch seinen Besuch auf dieser Welt anbietet.
Fazit: Die Bibel gibt nach wie vor die beste Erklärung für die psychologische Not der gesamten Menschheit. Und darüber hinaus bietet sie einen Lösungsansatz, der darüber hinaus geht, was von der weltlichen Psychologie geboten werden kann. Was die Bibel enthält, entspricht in verblüffendem Mass genau dem, was der Mensch nicht nur geistlich, sondern auch psychisch benötigt.
Zum Thema:
Dossier: Faktencheck Christentum
Faktencheck Christentum: Ohne die Bibel wären wir immer noch Analphabeten
Faktencheck Christentum: Enthält die Bibel wirklich 101 Fehler?
Faktencheck Christentum: Ist die Bibel wirklich an all den Kriegen schuld?