Jesus' geniale Antwort auf die Spaltung
In der Bibel, in Markus Kapitel 11 und Kapitel 12, versuchen die Feinde von Jesus, ihn mehrfach in eine Falle zu locken. Sie fragen ihn beispielsweise, ob es richtig ist, die kaiserliche Steuer zu zahlen oder nicht. Ein heikles Thema, da die Römer nach dem Einführen der Steuer einen jüdischen Aufstand hervorgerufen hatten.
Die angespannte Situation glich ohnehin bereits einem Pulverfass – und als Jesus die Frage von religiösen Führern gestellt erhielt, standen vermutlich römische Soldaten in Hörweite. Jesus konnte beim Antworten also nur verlieren.
Hätte Jesus gesagt, man solle dem Kaiser nichts geben, wäre er wohl als Aufständischer wegen Anstiftung zur Rebellion verhaftet und hingerichtet worden. Mit einem «Ja» dagegen hätte ihn das jüdische Volk als Verräter betrachtet und sein öffentliches Ansehen und sein Dienst wären ruiniert gewesen.
Verschiedene Köder
Die Feinde von Jesus stellten ihm also eine spannende Falle. Jesus fragte durchschauend: «Warum versucht ihr mich in eine Falle zu locken?» Parallelen zu heute mit kontroversen, spaltenden Themen sind offensichtlich. Fragen, über die vor kurzem niemand gesprochen hat, sind plötzlich hip – und Christen stehen unter Druck, dazu nicht nur eine Meinung zu haben, sondern auch noch die von der Gesellschaft (oder manchmal eher «Pressure Groups») geforderte «richtige» Antwort zu geben.
Unser kulturelles System ist von manchen Personen darauf ausgerichtet, uns zu ködern, in die Falle zu locken und uns in ein «Wir gegen sie» aufzuhetzen.
Ein anderer Weg
Nicht selten mündet dies in eine Entmenschlichung derer, mit denen wir nicht einverstanden ist. Die Antwort darauf kann die von Jesus sein: «Warum wollt ihr mir eine Falle stellen?» (Markus Kapitel 12, Vers 15).
Der Theologe Adam Dodds kommentiert: «Vor vielen Jahren hatte ich eine hitzige theologische Meinungsverschiedenheit mit einem Freund. Er war etwas älter und reifer als ich, aber ich war überzeugt, dass ich richtig lag. Es wurde klar, dass keiner von uns den anderen überzeugen würde. Er zeigte mit dem Finger fest auf mich, grinste und unterbrach mich: ‘Weisst du was, Bruder, ich liebe dich.’ Ich war sehr genervt und wollte den Streit weiterführen, denn ich hatte noch mehr zu sagen.»
Doch eigentlich zeigte ihm sein Gegenüber, was wichtiger ist. «Einander zu lieben war wichtiger, als dass wir uns in dieser Frage einigen mussten. Damals war ich verärgert, aber als ich erkannte, dass mein Freund Christus-ähnlich handelte, war ich dankbar.»
Jesus' geniale Antwort
Die Schlussfolgerung ist so offensichtlich wie brillant; dazu blicken wir noch einmal zurück zur Begebenheit mit Jesus: Er forderte, dass man ihm einen Silbergroschen gibt.
«Sie gaben ihm eine römische Münze. Er fragte sie: ‘Wessen Bild und Name sind hier eingeprägt?’ Sie antworteten: ‘Die des Kaisers!’ Da sagte Jesus zu ihnen: ‘Nun, dann gebt dem Kaiser, was ihm zusteht, und gebt Gott, was ihm gehört!’ Seine Zuhörer waren überrascht: Diese Antwort hatten sie nicht erwartet.» (Markus Kapitel 12, Verse 15-17).
Jesu Antwort war genial. Die Münze trägt das Bild Cäsars, also gebt es Cäsar zurück. Ihr dagegen seid Gottes Ebenbild, also lebt so, dass es denjenigen ehrt, der die Eigentumsrechte an euch hat.
«Wir gegen sie» entschärfen
Das Geniale an dieser Antwort ist auch, dass sie das Potenzial hat, das spaltende «Wir gegen sie» zu entschärfen. Jesus erinnert seine Zuhörer an eine bahnbrechende Wahrheit: «Wer ist nach Gottes Ebenbild geschaffen?» Alle Menschen.
Diese radikal demokratisierende Wahrheit, dass alle Menschen nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind, war in der Antike einzigartig und revolutionär. Entscheidend ist, dass dies auch diejenigen einschliesst, mit denen wir nicht einverstanden sind. Die Weisheit Jesu legt das «Wir gegen sie» beiseite und schenkt stattdessen Leben.
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