Weder von noch in der Welt

Ein Pferdewagen in einem Amish-Dorf
Pferde statt Pferdestärke unter der Motorhaube, keine Elektrizität oder Maschinen: Der Film porträtiert eine Gemeinschaft. Fasziniert macht sich der Zuschauer Gedanken, wie es wohl wäre, so zu leben. Gott soll im Zentrum sein, auch das wird klar.

Es gilt, in eine spezielle Welt einzutauchen – dafür eignet sich ein Film prima. Immer wieder begegnen einem im Film interessant-kuriose Bilder: Stühle mit Tennisbällen an den Stuhlbeinen (wohl um den Fussboden zu schonen), die eigenartigen Männerfrisuren oder altmodische, teils ganz hübsche Werkzeuge und Einrichtungen.

Doch mit der «Rumspringa-Phase» der Jugendlichen hat der Zuschauer in «Das Leben der Amish» kaum gerechnet.

Bibel, Bart und Berufswahl

Ordnung sei wichtig und auch klare Prioritäten, so einer der bärtigen Protagonisten. So seien die Prioritäten klar: Kirche und Familie sollten immer den obersten Stellenwert haben.

Ähnlich klingt es in der Schule. Dort heisst es, dass das oberste Ziel der Schule sei, den Kindern die Bibel und Gott nahezubringen. Morgens ist jeweils Deutschunterricht, wo das «Pennsylvania Dutch» gelernt wird. Die Lehrerin ergänzt noch, dass sie es noch nie erlebt hätte, dass Schulabgänger noch ein weiteres Studium gemacht hätten. Es wird gearbeitet. Die Amischen sind vorwiegend in Handwerksberufen angesiedelt. Je nach Gemeinschaft ist der Grad an Ablehnung moderner Technik.

Pferde kapital wichtig

Die Landwirtschaft ist vergleichsweise klein; nur 7 Prozent der Amischen kann vom Ertrag der eigenen Felder leben. Bei fast 8'000 Pferden in der ganzen Umgebung werde der Hufschmid jedoch nicht so schnell arbeitslos, meint der Pferdehalter schelmisch. Wagenräder waren früher nur aus Holz und Metall, heute sind auch Gummiräder erlaubt. Vor laufender Kamera entstehen vier Räder, die 1'600.- US-Dollar kosten.

Komfortables Büro, zu Hause kein Telefon

Gibt’s auch Zwiespalt? Modern ist das Büro eingerichtet, und ein Chauffeur führt den Bauchef ins Geschäft. Einige Amerikaner machen mit diesem Dienst gutes Geld. 20 Meilen seien für Pferd und Kutsche zu weit; im Berufsumfeld müssten sie konkurrenzfähig sein, in der Familie gibts diese Dinge nicht, so der Bauunternehmer. Nicht einmal ein Telefon wird dort benutzt. Man sieht, wie er die elektronische Kaffeekapsel-Maschine bedient und ein Notebook auf dem Pult liegt. Laut einer Studie sind über 80 Prozent der amischen Unternehmen sehr erfolgreich.

Wenig Staat, viel Gemeinschaftliches

Auf staatliche Dienste, wie Sozial-Leistungen et cetera wird verzichtet. Amische Mitglieder unterhalten ein eigenes Versicherungssystem. Das funktioniert. Es gibt den sogenannten Amish-Fond, wo einbezahlt wird.

Auch in den Militärdienst zu ziehen, geht nicht. Konsequent leben sie Pazifismus und ordnen sich trotzdem dem Staat und seiner Autorität unter. Diese sehen sie absolut als gottgegeben.

Dann sieht der Zuschauer eine Veranstaltung mit Auktionen, Versteigerungen und Verkauf von Mitgebrachtem. Gleichzeitig wird für einen kranken Jungen gesammelt. Ganze 80'000 Dollar kommen zusammen, mehr als für die OP nötig ist.

Sonntägliche Gottesdienste, nicht für alle

Sonntags finden dreistündige Gottesdienste statt. Doch: «Wer als getauftes Mitglied die Gemeinde verlässt, wird ex-kommuniziert», so die Sprecherin und ergänzt: «Kontakt mit der Familie ist weiterhin erlaubt, aber gemeinsam am Tisch zu sitzen, nicht.»

Eine starke, ja ewige Bindung sollte es auch in der Ehe geben. Scheidungen gibt es bei den Amischen praktisch nicht. Daraus entstehen durchschnittlich sechs Kinder pro Familie.

Ausnahme-Erscheinung mit E-Bike und Solarpanelen

Ethna lebt moderner: mit Solarpanelen, Mixer mit Batterie oder einem E-Bike; besonders für den Einkauf im Supermarkt, für Mehl und Zucker in grossen Mengen. Gemüse und anderes verwertet sie aus dem eigenen Garten.

Die feingliedrige Familienfrau wolle kein Bild von perfekten Christen zeichnen. Sogar Inzest gäbe es, auch Väter, die ihre Töchter missbrauchten. Das geschehe, wenn Menschen keine persönliche Beziehung mit Gott hätten, erklärt Ethna.

«Rumspringa» als offizielle Testphase

Und da gibt’s noch die berühmtberüchtigten Rumspringa-Jahre: «Du kannst das Leben lang Rumspringer sein. Aber im Grunde genommen hört es auf, wenn du Mitglied der Gemeinde bist, nachdem du dich taufen lässt.»

Der Film zeigt eine Clique, wo Junge rauchen und Alkohol trinken. Allgemein kehren die Rumspringer nachher wieder auf den Weg der Amischen zurück.

«Jeden Tag brauchen wir Gott an unserer Seite, um uns zu führen und um uns durchzubringen. Wir sind dabei auf unsern Glauben angewiesen. Und ich denke, wenn wir versuchen, seinen Lehren und allem zu folgen, wird er uns durch schwere Zeiten bringen. Ganz sicher», und Gehorsam bringe eine gute Zukunft, ergänzt der Ackerbauer im Pferdestall.

Zur Doku:
Das Leben der Amish

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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet

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