«Wir sind besorgt um die Menschen in Europa!»

Bishop Esron Maniragaba
Mit dem Ziel, Afrika geistlich zu stärken, entwickelt Ruanda eine visionäre Initiative: Ein theologisches Zentrum soll künftige Missionare und Pastoren schulen, die ihre Gemeinden leiten und den Glauben verbreiten können.

Im Gegensatz zu vielen anderen afrikanischen Hauptstädten fliesst der Verkehr in Kigali geordnet. Hupen und Drängeln um jeden Zentimeter kennt man hier nicht. Livenet trifft Bishop Esron Maniragaba, Generalsekretär der Evangelischen Allianz Ruanda, in einem Café über einer Bäckerei.

Während die Bedienung herrlich duftenden, afrikanischen Kaffee serviert, beginnt Bishop Esron über das wachsende Christentum in Ruanda zu erzählen. «Die Allianz umfasst etwa 126 Gemeinden und christliche Organisationen aus ganz Ruanda. Wir haben ‘Campus for Christ’, ‘Scripture Union’, ‘YWAM’, ‘African Leadership and Reconciliation Ministries’ und viele andere christliche Organisationen.» Doch seine Sorge geht weit über die Grenzen seines Landes hinaus.

Sorge um die Christenheit in Europa

Mit Blick auf Europa macht sich Esron Maniragaba Sorgen. «Das Christentum in Ruanda wächst, die Menschen sind daran interessiert, in die christlichen Gemeinden zu kommen», beobachtet er. «Aber wir machen uns Sorgen um die Menschen in Europa, die uns das Evangelium von Jesus gebracht haben. Wir bedauern, dass das Christentum in Europa schrumpft.»

Der Bishop appellierte an Europa, sich stärker auf die christlichen Wurzeln zu besinnen, und er forderte die Kirchen auf, die Grundlagen des Glaubens intensiver zu vermitteln. «In Europa muss mehr getan werden, und die wirklichen Grundlagen müssen der Jugend vermittelt werden», betont er.

Missionare aus Ruanda für Europa?

Die Idee, Missionare aus Ruanda nach Europa zu schicken, um dort das Evangelium zu verbreiten, ist nicht neu, wird aber immer konkreter. «Es gibt Gemeinden, die darüber nachdenken, Europa zu erreichen und Missionare auszusenden», blickt Bishop Esron Maniragaba in die Zukunft.

Es ist einfach, Afrikaner, die bereits in Europa leben, zu erreichen und eine Gemeinde zu gründen. Das Ziel ist, das Evangelium zu ihnen zu bringen. Ruanda könnte bald eine Brücke sein, die das Evangelium von Afrika nach Europa bringt.

Vision eines afrikanischen Zentrums des Glaubens

In Ruanda soll eine Ausbildungsstätte für zukünftige Missionare und Pastoren entstehen – ein Zentrum, das als Drehscheibe für den christlichen Glauben in Afrika dienen soll. «Als Evangelische Allianz von Ruanda haben wir uns zum Ziel gesetzt, ein Zentrum des Evangeliums zu errichten», erklärt Bishop Maniragaba, «dort wollen wir Missionare und Pastoren ausbilden. Ruanda soll das Zentrum für Afrika werden.»

Das nötige Grundstück ist bereits gekauft, unweit des Flughafens von Kigali. «Das Land zu haben, ist eine wichtige Sache», sagt Maniragaba, «jetzt wollen wir den Komplex mit Unterkünften und der theologischen Ausbildungsstätte bauen.» In fünf Jahren soll das Projekt starten, ein ehrgeiziges Ziel mit weitreichenden Folgen: «Wir wollen hier Menschen aus Ruanda und den Nachbarländern ausbilden. Es soll nicht nur Ruanda dienen, sondern auch den Nachbarn.»

Das Evangelium als Export-«Produkt»

Mit der wachsenden Begeisterung der Gläubigen und dem stetigen Wachstum neuer Gemeinden sieht sich Ruanda bereit, das Evangelium aktiv zu verbreiten und Leiter für die nächsten Generationen auszubilden. «Das Christentum in Ruanda wächst», bestätigt Maniragaba, «das sehen wir an den Gemeinden, die gegründet werden, und das hat auch die jüngste Volkszählung gezeigt.»

Das Ausbildungszentrum ist nicht nur für Ruanda gedacht. Es soll der ganzen Region dienen und eine Stütze für die Nachbarländer sein. «Das Christentum wächst hier in der ganzen Region. Deshalb wollen wir das Ausbildungszentrum bauen, um sicherzustellen, dass es Leiter gibt, die bereit sind. Wenn wir das nicht tun, werden wir keine Leiter für die Gemeinden haben.»

Die Kirchen als Hoffnungsträger in Ruanda

Die Vision Ruandas als Missions- und Ausbildungszentrum für Christen in Afrika ist umso bemerkenswerter, wenn man die Geschichte des Landes betrachtet. Nur drei Jahrzehnte nach dem verheerenden Völkermord steht das Land an der Schwelle einer geistlichen Erneuerung.

Esron Maniragaba erklärt, wie dieser Wandel möglich wurde: «Das hat mit der Führung des Landes und der Führung der Kirchen zu tun. Die Regierung oder die Kirchen allein könnten das nicht. Aber gemeinsam ist es möglich. Deshalb sehen wir, wie Ruanda heute blüht.»

Die Kirchen haben in diesem Heilungsprozess eine wesentliche Rolle gespielt. «Ruanda hat einen Völkermord erlebt. Nach dem Genozid arbeiteten die Kirchen zusammen, sie wurden eins.» Heute setzen sich die Kirchen aktiv für Versöhnung, soziale Entwicklung und Armutsbekämpfung ein. «Die Kirchen sind an vielen Orten präsent. Sie arbeiten an der Versöhnung und der Veränderung der Gesellschaft.»

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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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