Neue Gemeinde in ehemaligem Sex-Shop eröffnet
«Es ist nicht der Ort, der die Kirche ausmacht, sondern es sind die Menschen», erklärte Pastor Michel Marvane lächelnd im nationalen Fernsehen. Marvane und sein Team haben Anfang Januar die Gemeinde «Le Tabernacle» mit Gottesdiensten in den Räumlichkeiten gegenüber dem Bahnhof von Besançon gestartet. Marvane eröffnete 1992 die erste «Le Tabernacle»-Gemeinde in Dijon und hat seitdem auch Gemeinden in Beaune, Nancy und Lyon gegründet.
Die Gruppe Le Tabernacle gehört zum Nationalen Rat der Evangelikalen in Frankreich (CNEF), der mehr als 70 Prozent der evangelikalen protestantischen Kirchen im Land vertritt, auch die strategische Gründung neuer Gemeinden fördert und so etwas wie ein «Qualitätssiegel» gegen die Sektenangst im Land darstellt.
Lange Suche
Nachdem die Nichte von Marvane und ihr Mann vier Jahre lang nach einem Lokal für die Gemeindegründung in Besançon gesucht hatten, fanden sie schliesslich den richtigen Ort. «Es war eine Herausforderung», erklärte Virginie Maccanin gegenüber Franceinfo. «Es ist schon komisch, dass es ein ehemaliger Sexshop ist, aber wir haben ihn vor allem deshalb gewählt, weil er in der Nähe des Bahnhofs liegt und gut an die öffentlichen Verkehrsmittel angebunden ist.»
«Wir haben viel Arbeit investiert, um das Lokal zu renovieren und die Decken zu erneuern. Die Arbeiten wurden durch Spenden finanziert, und die Räumlichkeiten sind gemietet», betont Pastor Marvane. «In Besançon gibt es nur etwa zehn protestantische Gottesdienste, kleine Gebäude, in denen 600 bis 800 Menschen zusammenkommen, obwohl der Grossraum Besançon 150'000 Einwohner hat.»
Die Gemeinde hält nun jeden Sonntagnachmittag um 16 Uhr Gottesdienste ab und hat ihre Eröffnung in lokalen und sozialen Medien bekannt gemacht. Zum ersten Gottesdienst am 7. Januar kamen mehrere Dutzend Besucher, am darauffolgenden Sonntag etwa zwanzig – darunter Luc und Françoise Muqa, die den Ort gerade erst entdeckt haben. «Die Mund-zu-Mund-Propaganda hat uns hierhergebracht», erklären sie und sind weder überrascht noch peinlich berührt, als sie erfahren, dass sie sich in einem ehemaligen «Ort des Vergnügens» befinden. «In Paris ist die Gemeinde in einem ehemaligen Kino», versichert Françoise. «Das sind Mauern, das stört uns nicht.» Und ihr Mann fügt hinzu: «Wir sind gekommen, um das Wort Gottes zu hören!»
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