«Zahlreiche lokale Initiativen wurden etabliert»

Niklaus Meier
Die Demografie wandelt sich in der Schweiz rapide. «Es ist uns wichtig und auch unser Auftrag, Migranten ganzheitlich zu begleiten und Gottes Liebe über Kulturgrenzen weiterzugeben», sagt MEOS-Leiter Niklaus Meier im Interview mit Livenet.

Niklaus Meier, MEOS interkulturell feiert das 60-Jährige bestehen (am 16. September 2023), was erwartet die Besucher?
Niklaus Meier:
Mit der Einladung zum Thema «Fremde Heimat» möchten wir bewusst Akzente setzen, die unsere Jubiläumsgäste zum Mitdenken und auch Feiern einladen. Der traditionellen Grussworte werden wenige sein – das Programm ist sehr interkulturell aufgebaut mit Musik und Worship sowie Beiträgen im Interviewformat. Verschiedene Personen geben einen Einblick in ihr Leben als Geflüchtete, Migranten oder auch als «Secondo». Kulinarisch haben wir uns auch etwas Spezielles einfallen lassen...

Wie arbeitete MEOS vor 60 Jahren?
MEOS hat kurz nach der Gründung erste Mitarbeiter angestellt, die sich in Sprache und Kultur der Gastarbeiter auskannten. Persönliche Kontakte waren seit der Gründung wichtig und trugen zum Gedeihen der Arbeit bei. Migranten haben Vertrauen zu unseren Mitarbeitenden aufgebaut. Für Schweizer wurde MEOS bekannt als «Migranten Mission» mit Übersetzungsdienst an Grossveranstaltungen und mit christlichem Literaturangebot und Kalendern in rund 100 Sprachen.

Die Demografie hat sich komplett verändert. Wie sieht die Arbeit heute aus?
Einwanderungswellen aus Europa, Afrika, Asien, Südamerika und der islamischen Welt haben in der Schweizer Bevölkerung jeweils verschiedene Reaktionen ausgelöst. Auch die Kirchen sind davon betroffen. Heute ist es uns wichtig und auch unser Auftrag, Migranten ganzheitlich zu begleiten und Gottes Liebe über Kulturgrenzen weiterzugeben – sowie interkulturelle Kompetenzen in Kirchen, Gemeinden und Initiativen zu fördern.

Welche Aufbrüche erleben Sie durch die MEOS-Arbeit?
Menschen aus anderen Kulturkreisen sind heute eines der Hauptthemen in unserer Gesellschaft. Sie lösen Neugier und auch Ängste sowie falsche Klischees aus. Uns freut besonders, dass sich in den letzten zehn Jahren zahlreiche lokale Initiativen etabliert haben, die unser Herzensanliegen teilen und oft Inspiration und Ermutigung durch MEOS erhalten haben.

Wie sieht es aus bezüglich Menschen, deren Heimat dem christlichen Glauben gegenüber verschlossen sind? Sind sie hier einfacher erreichbar?
Ja, das ist erfreulich. In den ersten Monaten orientiert sich die Person neu. Sie hat Fragen zu Kultur, Religion, Glaube und Gesellschaft. Es ist jedoch kein einfacher Weg. Zum Beispiel: Während Iraner eher enttäuscht sind vom Islam und auch deswegen geflohen sind, haben Afghanen andere Herausforderungen im Geburtsland und sehnen sich nach einem besseren Islam, der sie nicht verfolgt. Menschen aus dem Nahost sehen das wieder differenzierter und sind es gewohnt, Christen zu begegnen und wertzuschätzen.

Können Sie ein, zwei Lebensgeschichten mit uns teilen, bei denen Menschen durch die MEOS-Arbeit verändert worden sind?
Kürzlich berichtete uns eine Frau, dass sie durch das Lesen eines MEOS-Kalenders vor 20 Jahren ihr Leben Jesus anvertraut hat. Oder in einer Lebensmittelausgabe in der Nordostschweiz wollte eine Frau für sich beten lassen. Ihr gesundheitlicher Zustand verbessert sich zusehends.

Gibt es neue Projekte, die bei MEOS anstehen?
Ja, unbedingt. Einige Projekte haben eine kurze Verwirklichungszeit, so zum Beispiel eine Ferienwoche für Ukrainer, Perser oder Kurden. Die Eröffnung eines Migrantentreffs in Luzern hat noch einige Hürden zu nehmen, wie zum Beispiel geeignete Lokalitäten zu finden.

Was bewegt Sie persönlich bei Ihrer Arbeit besonders?
MEOS wird trotz der «kleinen Kraft» in der Schweiz als Kompetenzzentrum für Einzelpersonen und Kirchen wahrgenommen. Ich bin fasziniert davon, wie Gott uns ausschliesslich durch Spenden versorgt. MEOS hat viele langjährige, treue Beter, auf die wir uns verlassen können.

Zur Website:
MEOS

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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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