US-Medienpionier Pat Robertson verstorben
Mehr als ein halbes Jahrhundert lang war Pat Robertson eine vertraute Erscheinung in amerikanischen Wohnzimmern, bekannt durch seine Fernsehsendung «700 Club». Unter anderem machte er aus einer kleinen heruntergekommenen Radiostation in Virginia das weltbekannte «Cristian Broadcasters Network» CBN, das in 180 Ländern ausgestrahlt wird.
«Auftrag von Gott»
Robertsons Aufstieg und Einfluss beruhten nach eigenen Worten auf einer Vision, die er als Auftrag Gottes bezeichnete, das Christian Broadcasting Network zu gründen. 1960 zog er mit seiner Frau und den kleinen Kindern nach Virginia und gründete das spätere Christian Broadcasting Network mit nicht mehr als 70 Dollar in der Tasche und einem Geschäftskonto mit einer mageren Ersteinlage von 3 Dollar. Aus diesen bescheidenen Anfängen entwickelte sich schliesslich ein weltweiter Mediendienst, der Hunderte von Millionen Menschen auf sechs Kontinenten erreichte.
1966 begann Robertson, eine tägliche Talkshow zu moderieren: «The 700 Club». Diese Sendung wird bis heute ausgestrahlt und ist eine der am längsten laufenden Sendungen in der Fernsehgeschichte.
Mehrfacher Pionier
Robertsons Sender war einer der ersten, der seine Sendungen landesweit ausstrahlte, einer der ersten, der Satellitenübertragungen nutzte, und er gründete mit seinem «Family Channel» eines der ersten Kabelnetze überhaupt.
Er war einer der ersten Tele-Evangelisten, der sich um kommerzielle Sponsoren bemühte und gebührenfreie Telefonnummern für Gebete und Spenden nutzte; auch war er der erste religiöse Sender, der eine ständige Nachrichtenredaktion in Washington unterhielt.
Er war zudem Pionier, als er in den 1970er Jahren Ben Kinchlow, einen ordinierten Pastor der African Methodist Episcopal Church, als Co-Moderator einsetzte. Kinchlow, der 2019 verstarb, räumte oft ein, dass diese Entscheidung zu einer Zeit getroffen wurde, in der «nicht viele Afroamerikaner im Fernsehen zu sehen waren». Robertson widersetzte sich auch den Einwänden gegen die Einstellung des Radio-DJs Scott Ross, dessen gemischtrassige Ehe mit der ehemaligen Ronettes-Sängerin Nedra Talley in den 1960er Jahren in einigen Ecken des Südens für Kritik gesorgt hatte.
Obwohl Robertson der politischen Rechten zugerechnet wurde, setzte er sich auch für den Umweltschutz ein und forderte seine Zuschauer, sich an Kampagnen gegen globale Erwärmung zu beteiligen.
Gemässigter Charismatiker
Robertson hatte sich – nach einem eher lockeren Leben – in den 1950er Jahren bekehrt und sich danach entschieden, nicht Anwalt zu werden, sondern Theologie zu studieren. 1959 erhielt er seinen Master of Divinity vom New York Theological Seminary. Lange Zeit hatte er das Gefühl, dass seine Bekehrung unvollständig war. Dann erkrankte sein Sohn Timothy an hohem Fieber. Während er für ihn betete, stellte Robertson fest, dass er in Zungen sprach. So wurde aus dem Südlichen Baptisten ein charismatischer Christ.
In seinen Predigten vermied Robertson allerdings den «Hölle und Feuer»-Ansatz von Fernsehpredigern wie Jimmy Swaggart und die «aus der Hüfte geschossene» Art von Jerry Falwell. Anstatt ständig um Geld zu bitten, machte er ein paar Spendenaktionen pro Jahr und setzte auf persönliche Freunde und Bekannte. «Das Fernsehen ist ein Massenkommunikationsmittel», sagte Robertson 1995 in einem Interview mit CNN. «Es ist kein Gottesdienst.»
1970 gründete er die CBN University auf dem CBN-Campus in Virginia Beach CBN, die 1989 in Regent University umbenannt wurde. Er gründete auch das «American Center for Law & Justice» (ADLJ), das sich mit juristischen Mitteln für den Schutz der Familie, der Freiheitsrechte und den Lebensschutz einsetzt und mehrere hochkarätige Prozesse zur Religionsfreiheit gewann.
Soziales Engagement
Während er mit seinen markanten Kommentaren zur (End-)Zeitgeschichte immer wieder für Schlagzeilen sorgte, wurde über sein humanitäres Engagement kaum berichtet. Im Jahr 1978 gründete er das Hilfswerk «Operation Blessing», das sich auf Katastrophen- und Hungerhilfe spezialisierte und sich für sauberes Wasser und medizinische Versorgung einsetzte. Das Werk hat Millionen Tonnen an Lebensmitteln verteilt und Millionen von armen und bedürftigen Menschen in allen Teilen der Welt geholfen.
«Reines christliches Mitgefühl», so beschrieb der bekannte verstorbene Pastor Jack Hayford die Wirkung von «Operation Blessing». «Das war ziemlich unauffällig. Aber auf der ganzen Welt hat es grosse Auswirkungen gehabt», sagte er vor seinem Tod im Januar 2023.
Politisches Engagement
1986 kündete Robertson seine Bewerbung als republikanischer Präsidentschaftskandidat an; nach einigen anfänglichen Erfolgen stieg er aber aus dem Rennen aus, nachdem er den dritten Platz belegte, und unterstützte dann den Sieger George Bush. 1989 gründete er die «Christian Coalition» und half so mit, die Allianz zwischen konservativen Christen und der Republikanischen Partei zu festigen. Donald Trump unterstützte er anfänglich, wandte sich aber später von ihm ab; 2020 stellte er fest, Trump lebe «in einer eigenen Welt» und solle sich nach der verlorenen Wahl endlich der Realität stellen. Es sei ein Fehler, wenn Trump sich 2024 noch einmal zur Wahl stellen würde.
Pat Robertson war 67 Jahre mit der «Liebe seines Lebens» Adelia «Dede» verheiratet, die im April 2022 im Alter von 94 Jahren starb. Das Ehepaar hinterlässt 4 Kinder, 14 Enkelkinder und 24 Urenkel.