Ägyptens Christen sorgen sich vor Hamas-Islamismus
Wie die «Jerusalem Post» berichtet, ist die koptische Gemeinde, die grösste christliche Gemeinschaft im Nahen Osten, angesichts des Krieges zwischen Israel und der Hamas von historischen Ängsten geprägt. Diese gehen auf die Verbindungen der Hamas zur Muslimbruderschaft zurück, unter deren Schreckensherrschaft die Christen in Ägypten zu leiden hatten.
Gewalttätige Übergriffe sind keine Seltenheit: Am 31. August 2024 zerstörte ein Feuer das koptische Bistum in Beni Suef und verletzte mehrere Menschen. Offiziell wurde der Brand auf einen technischen Defekt zurückgeführt, doch viele Christen bleiben skeptisch, denn Kirchenbrände durch Brandstiftung haben eine lange Geschichte (laut Jerusalem Post fast 1000 seit den 1970er Jahren).
Ähnlich wie die Juden
Schenuda III., Oberhaupt der koptischen Kirche von 1971 bis zu seinem Tod 2012, verbot den Kopten, Israel zu besuchen, was damals der panarabischen Haltung entsprach.
Während ältere Kopten die antiisraelischen Gefühle aus der Zeit Schenudas beibehalten, stehen jüngere Kopten der Hamas und anderen islamistischen Gruppen skeptischer gegenüber. «Einige Kopten sehen in den Juden ein ähnliches Schicksal, weil auch sie von islamischen Extremisten verfolgt werden», analysiert der Dominikaner-Priester John Gabriel. Diese Sichtweise werde durch die Erinnerung an die brutalen Erfahrungen mit den Muslimbrüdern verstärkt.
«Geschwächt und erschöpft»
Der ägyptische Menschenrechtsanwalt Makarios Lahzy wies auf die Schwierigkeiten der Christen im Nahen Osten angesichts des arabisch-israelischen Konflikts hin. «Die Christen im Orient sind geschwächt und erschöpft. Einige Christen übertreiben ihre Ablehnung Israels, um Anschuldigungen zu vermeiden, während andere sich mit Israel solidarisieren, um sich vor der islamistischen Vorherrschaft zu schützen.»
Hamas-Führer Yahya Sinwar genoss die Unterstützung auf den arabischen Strassen. «Das spiegelt eine tief verwurzelte antijüdische Stimmung wider. Wir befürchten, dass die Glorifizierung der Hamas islamistische Gruppen in Ägypten erneut gegen Christen aufbringen könnte», so Makarios Lahzy weiter.
Al-Azhar sorgt für Spannungen
Wie die «Jerusalem Post» berichtet, verschärfen auch offizielle Äusserungen der Al-Azhar-Universität, der höchsten islamischen Institution Ägyptens, die Spannungen. Die Al-Azhar bezeichnete Sinwar nach seiner Ermordung als «Märtyrer des palästinensischen Widerstands» und rahmte den Konflikt religiös ein.
Das weckte bei vielen Kopten alte Ängste vor islamistischer Gewalt. «Wenn Al-Azhar über Jerusalem im Sinne von Dschihad und Widerstand spricht, schürt das die Angst vor einer Rückkehr sektiererischer Gewalt in Ägypten selbst», ordnet John Gabriel ein.
«Jesus war kein Palästinenser»
Was manche stört, ist die palästinensische Theologie. «Sie ist eine politische Bewegung mit einer antisemitischen Agenda», sagt der liberale koptische Kommentator Bassem Al-Janoubie. Als besonders umstritten gelte die Darstellung Jesu als Palästinenser. Jesus sei Jude gewesen, sagte Al-Janoubie der «Jerusalem Post». «Ihn als Palästinenser darzustellen, leugnet seine Rolle als Messias.»
Für viele Christen in Ägypten seien die biblische Geschichte Israels und der heutige Staat Israel untrennbar miteinander verbunden. «Wenn die Hamas gewinnt, befürchten viele von uns, dass sich die Islamisten hier wieder auf uns konzentrieren», sagt John Gabriel. «Es ist wie ein Albtraum: Was, wenn die Flammen auf Ägypten übergreifen? Wir teilen die Sympathie der arabischen Welt für die Palästinenser. Aber wir haben auch Angst davor, was Gruppen wie die Hamas für uns Christen bedeuten könnten.»
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