Christlicher Friedhof in Jerusalem verwüstet
Der protestantische Friedhof ist eine der bedeutendsten historischen Begräbnisstätten Jerusalems und liegt in der Nähe der ummauerten Altstadt auf dem Berg Zion. Der Friedhof auf dem Berg Zion wird von Mitgliedern lutherischer und anglikanischer Glaubensgemeinschaften besucht. Viele Gräber sind von prominenten Persönlichkeiten in der heiligen Stadt. Dazu gehören Geistliche, Militärangehörige, Wissenschaftler und Politiker.
Mehr als zwei Dutzend Gräber - einige von ihnen waren von bekannten christlichen Persönlichkeiten - wurden mutwillig zerstört, zertrümmert und in Schutt und Asche gelegt. Eines der verwüsteten Gräber war vom zweiten anglikanischen Bischof von Jerusalem, Samuel Gobat (1799-1879), einer prominenten Persönlichkeit, die das Land für den Friedhof 1848 kaufte. Gobat, ein Schweizer, hatte die Ausbildung der Basler Mission absolviert; durch seine Tochter Dora Rappard war er auch eng mit St. Chrischona verbunden.
«Hass gegen Christen»
Der anglikanische Erzbischof Hosam Naoum erklärte, der Vandalismus sei «durch religiöse Bigotterie und Hass gegen Christen motiviert». «Dies ist ein Zeichen dafür, dass wir uns nicht an einem Ort befinden, an dem die Menschen einander tolerieren oder akzeptieren», sagte der Erzbischof gegenüber BBC. «Wir sehen mehr Ausgrenzung, mehr Segregation, und das ist es, was uns in der Stadt Jerusalem wirklich betrübt.»
Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, nannte den Vandalismus «einen blasphemischen Akt». «Ich schliesse mich der Verurteilung des Oberrabbiners und der religiösen Führer in Jerusalem an und hoffe, dass die Verantwortlichen schnell vor Gericht gestellt werden», sagte Welby in einer Erklärung. «Während wir weiterhin für den Frieden im Heiligen Land beten, stehe ich an der Seite von Erzbischof Hosam Naoum und anderen Kirchenführern in Jerusalem und fordere Respekt, Schutz, Gleichheit und Gerechtigkeit für die christliche Gemeinde.»
Auch von Israel verurteilt
Das israelische Aussenministerium hat den Vandalismus ebenfalls verurteilt. «Diese unmoralische Tat ist ein Affront gegen die Religion, und die Täter sollten strafrechtlich verfolgt werden», twitterte es. Der britische Oberrabbiner Ephraim Mirvis nannte den Vandalismus «beschämend» und «schändlich». «Ich hoffe, dass die Täter gefunden und mit der vollen Härte des Gesetzes verfolgt werden», sagte Mirvis.
Erzbischof Naoum, der für die Begräbnisstätte verantwortlich ist, kündigte seinerseits an, dass eine Gruppe von 150 jüdischen religiösen Persönlichkeiten dem Friedhof einen Solidaritätsbesuch abstatten werde.
Nicht das erste Mal
Es ist nicht das erste Mal, dass ein christlicher Friedhof in Israel verwüstet wird. In den letzten drei Jahren gab es 17 Vorfälle von Vandalismus an christlichen Stätten im ganzen Land, die von Kirchenvertretern jüdischen Extremisten zugerechnet werden. Zu den christlichen Stätten, die allein im vergangenen Jahr verwüstet wurden, gehören ein Trappistenkloster in Latrun, ausserhalb von Jerusalem, wo Vandalen eine Tür verbrannten und «Jesus ist ein Affe» auf das jahrhundertealte Gebäude sprühten, eine Baptistenkirche in Jerusalem und andere Klöster.
Kevin Merkelz, ein für christliche Angelegenheiten zuständiger Polizeibeamter, erklärte, die Zahl der Angriffe sei in Wirklichkeit höher, aber christliche Leiter würden viele Angriffe nicht melden. Christliche Geistliche berichteten oft, dass sie von ultraorthodoxen religiösen Studenten angespuckt werden, wenn sie in Kutten und mit Kreuzen bekleidet durch Jerusalems Altstadt gehen.
Verdächtige verhaftet
Sicherheitsaufnahmen vom betroffenen Friedhof zeigen, wie zwei junge Männer, die Kippas tragen, in den Friedhof eindringen und Grabsteine umwerfen. Die Polizei hat letzte Woche vier junge israelische Siedler aus dem Westjordanland, darunter zwei Minderjährige, im Zusammenhang mit dem Angriff auf den Friedhof festgenommen, sagte Polizeisprecher Micky Rosenfeld. Die vier wurden anschliessend bis zur weiteren Befragung ohne Anklage freigelassen. Zwei der Verdächtigen war die Einreise ins Westjordanland wegen ihrer Verbindungen zur «Hilltop Youth» untersagt worden, einer Bewegung junger jüdischer Extremisten, die für eine Reihe von Anschlägen auf Moscheen, christliche Stätten und Eigentum der israelischen Armee in den letzten Jahren verantwortlich gemacht wird, um gegen die Regierungspolitik zu protestieren.
Es gibt ca. 170'000 Christen in Israel, einschliesslich der römisch-katholischen und orthodoxen Konfessionen; sie machen damit gut zwei Prozent der rund neun Millionen Einwohner des Landes aus. Etwa drei Viertel der Christen sind Araber, die anderen kamen während einer Einwanderungswelle aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die vor 20 Jahren begann, ins Land. Zehntausende christlicher Gastarbeiter und afrikanische Migranten leben ebenfalls in Israel. Ausserdem wächst die messianisch-jüdische Bewegung im Lande: Schätzungen zufolge leben zwischen 7'000 und 20’000 messianische Juden in Israel.