Depressiven Menschen zur Seite stehen

Mann, der im Nebel steht
Jeder Mensch kennt sowohl gute, als auch schwierige Lebensphasen. Was, wenn der Zustand anhält? Gemeint ist nicht nur eine gedrückte Stimmung, sondern eine echte Erkrankung, auch wenn die Übergänge zuweilen fliessend sind.

Ob durch Ereignisse ausgelöst (zum Beispiel der Tod eines Menschen, Arbeitslosigkeit etc.) oder durch körperliche Vorgänge hervorgerufen, ist Depression eine Krankheit, auch wenn sie weniger greifbar ist als ein körperliches Leiden.

Verbreitete Krankheit

Depressionen sind zwar nicht ansteckend, dennoch breiten sie sich rasant aus. Allein in Deutschland sind es im Jahr mehr als vier Millionen Menschen, die ärztliche oder therapeutische Hilfe suchen. Doch tatsächlich dürfte die Zahl etwa dreimal so hoch sein, wie die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt. Bei vielen wird die Krankheit nicht erkannt. Andere suchen aus Scham oder Unkenntnis keine Hilfe. So ist es keine Seltenheit, im eigenen Umfeld, sei es in der Familie oder im Bekanntenkreis, Menschen zu erleben, die an Depressionen leiden.

Besondere Herausforderung für Christen

Christen tun sich zuweilen schwer, mit depressiven Menschen umzugehen, besonders dann, wenn diese gläubig sind. Denn die Krankheit ist begleitet von Ängsten, Selbstzweifeln und Schuldgefühlen bis hin zu Verzweiflung und sogar Todessehnsucht – alles Dinge, die laut der weitverbreiteten Meinung bei Christen eigentlich nicht vorkommen sollten, weil ihr Leben doch in der Hand von Jesus liegt.

Wie also mit Menschen im eigenen Umfeld umgehen, die ernsthaft depressiv erkrankt sind? Hier ein paar Anstösse dazu, die einen professionellen Rat aber nicht ersetzen sollen.

Rückzug und «Nein» muss immer möglich sein

Zunächst einmal sollten Sie sicher sein, dass der Erkrankte sich von Ihnen ansprechen und helfen lassen will. Oft verkleinert sich der Kreis der Menschen, in denen es eine depressive Person «aushält», auf nur sehr wenige. Selbst wenn Sie immer ein gutes Verhältnis zu der Person hatten, ist das nicht automatisch eine Einladung an Sie. Zudem braucht der Kranke jederzeit die Möglichkeit zum Rückzug und zum «Nein».

Was Sie nicht tun sollten

  • Verzichten Sie auf plumpe Aufmunterungen wie «Kopf hoch. Das wird schon wieder...» oder «Schau doch, es gibt doch so viel Schönes».
  • Sparen Sie sich auch Aufforderungen an die Disziplin wie «Lass Dich nicht so gehen». Denn Appelle verstärken meist den inneren Druck.
  • Verzichten Sie auch auf geistliche Ratschläge wie «Du brauchst nur zu glauben» oder «Bete zu Jesus und lobe ihn». Sie sollten wissen, dass sich der Betroffene in einem seelischen Ausnahmezustand befindet. Oftmals kann er nicht einmal beten.
  • Sagen Sie nichts, was die Schuldgefühle bei dem Kranken verstärken könnte. Denn Schuldgefühle und zermürbende Selbstzweifel sind ohnehin schon Teil der Krankheit. Weisen Sie ihn zum Beispiel nicht darauf hin, dass er andere Menschen mit seiner Krankheit belastet.
  • Bringen Sie das Thema nicht auf Lebensveränderungen. Depressionen sind ein denkbar schlechter Zeitpunkt für Entscheidungen und einschneidende Veränderungen.

Was Sie tun können

  • Machen Sie dem Betroffenen Mut, professionelle Hilfe, also medizinische und therapeutische Hilfe zu suchen, wenn das nicht bereits passiert ist. Das ist keine Bankrotterklärung, sondern ein wichtiger Schritt, um Hilfe zu bekommen.
  • Seien Sie bereit, einfach da zu sein und zuzuhören. Diskutieren Sie nicht und stellen Sie die Empfindungen Ihres Gegenübers nicht in Frage.
  • Beten Sie für den Betroffenen, wenn er es möchte auch mit ihm zusammen. Wenn sich eine Besserung nicht einstellt, suchen Sie auf keinen Fall nach Ursachen oder gar Schuld.
  • Stellen Sie sich auf einen längeren Weg ein. Haben Sie Geduld und suchen Sie nicht die schnelle Lösung.

Jesus hat depressive Menschen auf dem Herzen

Seien Sie gewiss: Jesus ist vor allem für die Menschen gekommen, die leiden und krank sind. Er liebt sie und hat sie auf seinem Herzen. Das gilt auch und besonders für Menschen mit Depressionen. Ihnen gilt seine Einladung ganz besonders. In der Bibel wird diese Einladung zur Gemeinschaft mit Jesus mit einem Hochzeitsfest verglichen. Doch viele der Eingeladenen, so der Text, schlagen die Einladung aus, weil sie vielleicht denken, dass sie Jesus nicht brauchen. Und so öffnet Jesus die Türen zu seinem Fest (also der Gemeinschaft mit ihm) ganz besonders den Bedürftigen, den Armen und Kranken (vgl. Lukas-Evangelium, Kapitel 14). Das ist nicht ein nettes Trostpflaster, sondern eine wunderbare Zusage für alle, die leiden und nicht mehr weiter wissen.

Brauchen Sie Hilfe oder einfach ein offenes Ohr? Dann melden Sie sich bei der anonymen Lebenshilfe von Livenet per E-Mail. Weitere Adressen für Notsituationen finden Sie hier. 

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Autor: Norbert Abt
Quelle: Jesus.ch

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