«Wertschätzung ist ansteckend»

Micha Somadin weiss, was einen guten Leiter ausmacht
Micha Somandin ist Geschäftsführer der Schreinerei Baumann + Eggimann AG in Zäziwil. Sein Herz für Menschen spricht aus jedem Holzspan. Auch Menschen, die in irgendeiner Weise mit Beeinträchtigungen leben, finden bei ihm Anstellung und Anerkennung.

Micha Somandin ist leidenschaftlicher Schreiner. 2001 begann er als Monteur für die Schreinerei von Roland Baumann zu arbeiten. Im selben Jahr übernahm Baumann den Betrieb von Heiner Eggimann, der damit eine gute Nachfolgelösung für sein Unternehmen gefunden hatte. Daraus wurde die Baumann + Eggimann AG, die heute 53 Personen beschäftigt, inklusive Lernende. Die Firma ist vor allem im Küchen-, Möbel- und Innenausbau tätig und bietet für den Fachhandel Türen, Furnier- und Lohnarbeiten an. Spezialgebiet: Brandschutz-, Sicherheits- und Klimatüren.

Weder Fisch noch Vogel

Somandin, verheiratet und Vater von drei Kindern, wuchs im grünen Hochland von Papua-Neuguinea auf. Die Eltern halfen dort beim Aufbau von Schulen und Spitälern, erzählten den Menschen von Gottes Liebe und lebten sie ihren Kindern aktiv vor. Mit 16 Jahren flog Micha für seine Ausbildung in die Schweiz, wohnte bei Onkel und Tante. «Am Anfang hatte ich Mühe, war weder Fisch noch Vogel. Ein guter Freund und ein freundliches Umfeld halfen mir, mich einzuleben.»

Schwächere integrieren

Heute arbeitet Micha Somandin mit viel Freude bei der Baumann + Eggimann AG. Dort finden auch Menschen eine Anstellung, die auf dem regulären Arbeitsmarkt kaum Chancen haben – sie bilden bis
zu zehn Prozent der Belegschaft. Es sind Jugendliche mit Lernschwierigkeiten oder Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Nach Möglichkeit geht der Chef täglich durch den Betrieb, nimmt die Stimmung wahr, möchte für alle ansprechbar sein.

Micha Somandin bekräftigt: «Ein wertschätzender Umgang ist uns sehr wichtig. Sozial schwächere Menschen zu integrieren, gehört zu unserer DNA.» Dass sie zur Rentabilität des Betriebs beitrügen, verleihe jenen Mitarbeitenden Würde. Somandin weiss: «Mangelnde Wertschätzung ist Kündigungsgrund Nummer eins. Wir alle haben Stärken und Schwächen, wir tragen einander.»

«Wir alle haben Stärken und Schwächen, wir tragen einander.»

Ehre und Respekt

Dieses Engagement für Menschen mit besonderen Bedürfnissen pflegte bereits Vorgänger Roland Baumann. Zweimal wurde sein Effort ausgezeichnet, 2019 mit dem Sozialstern, 2021 mit dem PRIX-Lions- Club. Nicht nur deshalb spricht Micha Somandin mit Hochachtung von Baumann. Er habe ihn während fünf Jahren gut angeleitet und begleitet, ihm immer mehr Verantwortung – und 2022 schliesslich die Geschäftsleitung übergeben. Dazu Somandin: «Damals war Roland 60 Jahre alt. Er unterstützt mich weiterhin und ist für uns alle da. Das ist nicht selbstverständlich!»

«Wenn die Leitgans müde wird, überlässt sie ihren Platz einer anderen und fliegt weiter hinten mit.»

Windschatten und Werte

Heute bildet ein Dreierteam die Geschäftsleitung, Micha Somandin ist Geschäftsführer, Roland Baumann sein Stellvertreter und verantwortlich fürs Marketing, Peter Oester Verantwortlicher Fachbereich Türen. Das Bild eines Vogelzugs im Büro veranschaulicht, dass es Sinn macht, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen. «Wenn die Leitgans müde wird, überlässt sie ihren Platz einer anderen und fliegt weiter hinten im Windschatten mit», erklärt Somandin.

Grundlegende Werte wie diesen finde er in der Bibel. Somandin wie Baumann lassen sich durch ihre Beziehung mit Jesus Christus leiten, persönlich und im Beruf. Sie hören auf Gottes Stimme wenn Entscheidungen anstehen. Auch die Zusammenarbeit mit Kunden und Geschäftspartnern basiere vor allem auf guten Beziehungen, Ehrlichkeit, erstklassiger und termingerechter Arbeit.

Umdenken und Auftanken

Kunden, die Konkurs gehen, Corona, Cyberkriminalität … Herausforderungen bleiben in Somandins Unternehmen nicht aus – auch auf zwischenmenschlicher Ebene. Ein Kadermitglied habe sich schwergetan mit der besonderen Zusammensetzung des Teams. Der Kurs «Umdenken am Arbeitsplatz» der Stiftung Lab-Ora änderte alles. Anstelle der Fokussierung auf die Schwächen der Kolleginnen und Kollegen unterstützt die Person diese nun beim Ausbau ihrer Stärken. Ausserdem machte sie die Geschäftsleitung auf das Angebot der Stiftung für Betriebe aufmerksam: Coaching und Gebet.

«Man nimmt seine Probleme mit zur Arbeit – wenn man dabei unterstützt wird,
diese anzugehen, dient das allen.»

Somandin, Baumann und Oester sahen darin eine Möglichkeit, ihren Mitarbeitenden einen Mehrwert zu bieten. Ende 2023 engagierten sie die Coachin Sarah Fong. Alle zwei Wochen kommt diese vorbei und ist offen für persönliche Gespräche mit den Mitarbeitenden. Worüber ausgetauscht wird, bleibt anonym, Anliegen können beruflicher, persönlicher oder gesundheitlicher Art sein. «Man nimmt seine Probleme mit zur Arbeit – wenn man dabei unterstützt wird, diese anzugehen, dient das allen», erklärt Somandin.

LabOra

Die Stiftung LabOra («Arbeite und bete!») begleitet Führungskräfte in der Transformation, nicht Gewinn, sondern den Menschen mit seinem ganzheitlichen Wert ins Zentrum des Unternehmens zu stellen. Das Leitungsteam der Baumann + Eggimann AG unterstützt dieses Engagement, indem es seine Ausstellungsräume in Lyssach für einen nächsten Kurs «Umdenken am Arbeitsplatz» zur Verfügung stellt. Micha Somandin wird daran teilnehmen. Er ist überzeugt: «Wertschätzung ist ansteckend!»

Autor: Miriam Fisch
Quelle: Hope Regiozeitungen