Heilung gibt's auf verschiedene Art
«Wir waren ein sehr aktives Paar, powerten uns auf dem Tennisplatz oder der Skipiste aus», stellt Gisela Graf aus Rafz klar. Nach einem WK spürte ihr Mann zum ersten Mal, dass mit seinen Füssen etwas nicht mehr stimmte. «Damals hiess es, ich hätte eingeklemmte Nerven in den Füssen», erklärt Hans. Er wurde operiert, aber die Sache besserte sich nicht. Empfindungsstörungen, Schmerzen und Lähmungserscheinungen in Armen und Beinen kamen dazu. Alle möglichen Medikamente wurden ausprobiert, um Hans Graf zu helfen.
Diagnose im Wochenbett
1978 heirateten Gisela und er, 1981 gebar sie ihr erstes Kind. «Ich war noch im Spital, als wir die Diagnose erhielten», erinnert sie sich. Damals war sie erschüttert. Wie sollte sie das alles schaffen? Hans war selbständiger Coiffeur, er beschäftigte zwei Angestellte und zwei Lehrlinge. Gisela hatte mit ihrem Teilzeitjob als Sekretärin bisher zum Einkommen beigetragen. Und nun musste Hans monatelang liegen.
Treuer Besuch
«Eine Bekannte kam mich besuchen», erinnert sich der dreifache Vater. «Sie hatte mir auf einer Karte den Psalm 23 aus der Bibel geschickt und erzählte mir nun von ihrem Glauben an Jesus. Sie sagte, dass er mich heilen könne». Auch ein gläubiger Mann kam regelmässig vorbei. Gisela reagierte skeptisch. Sie war strengkatholisch aufgewachsen und hatte die Nase voll von der Kir-che und ihren Regeln, obwohl sie an Gott glaubte. Gisela bemerkt: «Diese Leute waren so freundlich und treu – das beeindruckte mich».
Glaube stärkt Austausch
Innerhalb eines Jahres lud Hans Jesus in sein Leben ein. Der introvertierte Ehemann, der seine Gefühle kaum einmal zeigte, veränderte sich. Gisela nahm immer mehr den weichen Kern unter der rauen Schale wahr. Das veranlasste sie, heimlich die Bibel zu lesen. Schliesslich entschied sie sich, Jesus ebenfalls ihr Herz zu öffnen. «Auch ich habe mich daraufhin verändert», hält sie fest. «Früher konnte ich ihn drei Tage lang anschweigen, wenn ich wütend auf ihn war». Doch nun lernten sie, miteinander zu reden, sich zu vergeben und die «Sonne nicht untergehen zu lassen nach einem Streit», wie die der Apostel Paulus in der Bibel rät. «Ohne unseren Glauben wären wir heute wohl nicht mehr zusammen», sagen sie übereinstimmend.
Weiterkommen
Das Paar besuchte eine Freikirche in Schaffhausen und schloss sich einer Kleingruppe an. Das Leiterpaar begleitete die beiden auf ihrem Glaubensweg, und viele der neuen Freunde beteten für die Genesung von Hans. Auch das Paar selbst hoffte darauf. Gisela erklärt: «Die Geschichte von Daniel in der Bibel war uns eine Hilfe. Als der König drohte, ihn und seine drei Freunde in einen Feuerofen zu werfen, weil sie ihn nicht als Gott verehren wollten, sagte Daniel: «Unser Gott kann uns retten. Aber auch wenn er es nicht tut, halten wir an ihm fest». Hans bestätigt: «Auch wenn ich im Rollstuhl sitze – innerlich bin ich heil».
Er ist überzeugt, dass das Leben nach dem Tod weitergeht. «Dort wird es keine Tränen und keinen Schmerz mehr geben». Die Symptome verschwanden damals zwar nicht ganz, aber Hans hatte während neun Jahren keinen Schub mehr und konnte weiterhin Teilzeit als Coiffeur arbeiten. Als die zweite Tochter in den Kindergarten kam, bildete er seine Frau in seinem Beruf aus. «Gisela ist echt begabt», sagt der Coiffeurmeister anerkennend. Er schickte sie mit Berufskollegen nach London in Weiterbildungskurse – und bald übertrumpfte sie mit ihrem Können sogar erfahrene Angestellte.
Wunder erleben
Einmal sank die Anzahl der roten Blutkörperchen von Hans auf ein lebensbedrohliches Niveau. Wieder beteten viele Menschen intensiv. Plötzlich vermehrten sich die Blutkörperchen täglich, und bald war alles wieder im normalen Bereich. «Dies betrachten wir als ein wahres Wunder.» Nach einem unentdeckten Harnverhalt, anschliessender Nierenbeckenentzündung und siebenwöchigem Spitalaufenthalt nahmen die Kräfte von Hans kontinuierlich ab, so dass er seit 2006 auf einen Rollstuhl angewiesen ist und nicht mehr erwerbstätig sein kann. Die drei Kinder kosteten Gisela ebenfalls Zeit und Kraft. Die IV-Rente war beantragt, doch die Abklärungen dauerten ein ganzes Jahr. «In dieser Zeit erlebten wir weitere Wunder», bestätigen beide. Von einem Ehepaar bekamen sie regelmässig einen kräftigen Zustupf an ihre Haushaltskasse. Leute brachten Essen vorbei, ihren Kindern wurden Ferienlager bezahlt. Für sie bedeutet das: «Gott hat uns versorgt».
Arbeitstausch
Zu diesem Zeitpunkt übernahm Gisela den Salon und führt ihn seither zusammen mit einer Angestellten. Dazu versorgt sie ihren Mann, dreht ihn jede Nacht zwei- bis dreimal um, damit er nicht wundliegt. Einmal ist es trotzdem passiert. Neben einer mehrwöchigen Reha nahm Hans wie jedes Jahr an einem Ferienlager für MS-Patienten teil, damit seine Frau sich erholen konnte. Dabei bildete sich unter der Haut eine faustgrosse Wunde. Gisela erinnert sich: «Ich bin fast verzweifelt, aber Hans ermutigte mich und sagte: «Mit Gottes Hilfe schaffen wir das!» Und tatsächlich, trotz mehrerer Operationen und wochenlangem Liegen im Spital, heilte die Wunde vollständig und schneller als vorausgesagt.
Dankbar trotz Rückschlägen
Vor sieben Jahren bauten Grafs ein rollstuhlgängiges Eigenheim. Dank technischer Hilfsmittel kann sich Hans selbständig darin bewegen. Im Januar 2021 erlitt er einen Darmverschluss. Bei der Operation wurde ein Tumor im Dickdarm entdeckt und mit einem Stück Darm zusammen entfernt. Acht Tage lag Hans auf der Intensivstation, zwei davon im Koma. Er wurde beatmet, doch lebenserhaltende Massnahmen um jeden Preis lehnte er ab. Was, wenn sich nun eine Lungenentzündung entwickelte? Familie und Freunde beteten einmal mehr. «Mir wurde das Leben nochmals geschenkt», erklärt Hans. Immer noch leidet er an hypersensiblen Nervenschmerzen. Doch mit Medikamenten, der liebevollen Pflege seiner Frau und seinem Gottvertrauen gehe es ihm gut, erklärt der zweifache Grossvater. «Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln», zitiert er aus dem 23. Psalm. Gisela und Hans blicken einander an: «Wir haben viel Grund zur Dankbarkeit!»